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ZeitRaum 6 Volldampf voraus!Themenwand Bürger & Leute Eduard Kisker

Eduard Kisker

Ölgemälde, gerahmt | undatiert, nach einem Foto von 1876
Leihgabe der Brennerei Kisker

Natürlichkeit, Vernunft und „Menschenfreundschaft“ – diese Werte brachte Eduard Kisker (1804-1882) aus seiner Schulzeit im  „Philanthropin Schnepfenthal“ mit nach Halle. Als Fabrikant führte er die kleine Stadt ins Dampfzeitalter. Mit seinem Status als Kommerzienrat war die Verantwortung verbunden, in „väterlicher Art“ für die Bedürftigen vor Ort zu sorgen. So wirkte Kisker federführend in der „milden Bürgerstiftung“ und spendete für das neue Krankenhaus und die Kleinkinderschule.

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Details und Hintergründe

Herr Commerzienrath

Eduard Kisker I 1804-1882

Eduard Kisker I. war Spirituosen- und Tabakfabrikant in Halle/Westfalen. Mit dem Kauf der ersten Dampfmaschine in Halle führte er die Stadt 1860 ins Zeitalter der rauchenden Schornsteine.

 

Eduard Kiskers Zeit

Als Eduard Kisker 1804 in Halle Westfalen geboren wurde, gab es dort nicht eine einzige befestigte Straße. Die Leute verdienten ihr Brot noch mit der Leinenspinnerei, und die einflussreichsten Bürger waren die Leinenkaufleute.

Als er 1882 starb, hatte Halle sein Gesicht verändert: Es waren befestigte Chausseen und sogar eine Eisenbahnlinie nach Bielefeld gebaut worden, außerdem hatte Halle ein Krankenhaus bekommen. Statt Leinenherstellung und –handel sorgten nun Fabriken für Wirtschaftskraft. Die neuen Honoratioren waren die Unternehmer – unter ihnen auch Eduard Kisker.

 

Ausbildung

Der junge Eduard genoss eine exzellente Ausbildung. Bis zu seinem 14. Lebensjahr besuchte er die Privatschule des Kandidaten Weber in Halle, die auf höhere Schulen oder Internate vorbereitete. Wie nach ihm noch viele Söhne der Familie Kisker, verbrachte Eduard einige Jahre im renommierten „Philanthropin“ des Pädagogen Salzmann im thüringischen Schnepfenthal. Dieses Internat stand ganz im Zeichen der Aufklärung: Es vertrat eine ganzheitliche Erziehung zu Einfachheit, Naturliebe, klarem Verstand, Verantwortungsgefühl und Toleranz.[1] Die hier vermittelten Werte und Fähigkeiten brachte er mit nach Halle und setzte sie im Sinne des Familienbetriebes und zum Wohl der Stadt ein. Mit 17 Jahren begann Eduard seine Tätigkeit für die Firma mit einer Reise nach Belgien und Nordfrankreich – zu Fuß![2]

 

Kaufmann & Fabrikant

Die Leitung des Betriebes übernahm Eduard mit 32 Jahren von seinem Vater Wilhelm Kisker. Für den Pragmatiker zählte nun vor allem eines: Tüchtigkeit. Und darin konnten sich die einfachen „Leute“ sehr wohl mit den „Bürgern“ messen – jeder an seinem Platz.

Die Industrialisierung brachte in rasendem Tempo technische Neuerungen, denen gegenüber Eduard Kisker sehr aufgeschlossen war: Für den Antrieb seiner Tabakschneidemaschine investierte er 1860 als erster Haller Fabrikant in eine Dampfmaschine. Eine Eisenbahnanbindung hatte Halle noch nicht, so dass die Maschine wohl – in Einzelteile zerlegt – mit Pferdefuhrwerken geliefert wurde. Wenigstens kam es Kisker nun zugute, dass er 1844 den Chausseebau nach Brackwede vorangetrieben hatte…[3]

 

Wohltätigkeit

In einer Zeit ohne Sozialversicherungen folgte Eduard Kisker der großbürgerlichen Tradition, in väterlicher Art für die „kleinen Leute“ zu sorgen. Finanziell unterstützt wurden von ihm soziale Einrichtungen und einzelne Fördermaßnahmen. Den Anlass für Spenden gaben oft Familienereignisse: Als beispielsweise im Jahre 1856 Vater Wilhelm Kisker starb, vermachten Eduard und seine Geschwister der Stadt Halle 1.000 Reichsthaler.

Um den Chausseebau haben sich auch Eduards Vater Wilhelm Kisker und das Fräulein Alwine Kisker verdient gemacht. Letztere initiierte mit einigen Freundinnen eine Verlosung, die 255 Reichsthaler einbrachte. Die Eröffnung der Chaussee wurde am 3. August 1844 auf einer Wiese der Gaststätte Vierschlingen mit Geschützdonner, Hochrufen auf den König, Polonaise und Frohsinn gefeiert. Mit weit über 20.000 Thalern ermöglichte die Familie den Bau des Haller Krankenhauses und unterstützte seine Unterhaltung. Zudem schenkte Eduard Kisker der „milden Bürgerstiftung“[4] ein Haus, ein Gartengrundstück sowie das Startkapital für die Einrichtung einer Kleinkinderschule.[5]

Klug war Kiskers Hilfe für die Handspinner und –weber, die durch die Industrialisierung in Not geraten waren. Hier setzte er auf eine Förderung durch berufliche Qualifizierung. Unterstützung fanden auch die zahlreichen Auswanderer nach Amerika bei dem erfahrenen Herrn Kommerzienrat. Er beriet sie in Geldangelegenheiten und sorgte in Zusammenarbeit mit dem Berliner Bankhaus Delbrück dafür, dass die Finanzen der zukünftigen Amerikaner zuverlässig abgewickelt wurden.[6] Überdies engagierte sich Kisker in verschiedenen öffentlichen Ämtern, so etwa in dem des Stadt- und des Kreisverordneten.[7]

 

Audienz beim König

Als großartiges Erlebnis wird es der preußentreue Eduard Kisker empfunden haben, dass er 1861 einer Audienz bei König Friedrich Wilhelm IV. in Berlin beiwohnen durfte. Gemeinsam mit dem Landrat Korff-Schmising überreichte er dort am 8. April die Gründungsurkunde der Ravensberger Invalidenstiftung.[8]

 

Familie

Commerzienrath Eduard I. und seine Familie lebten dem Chronisten Rothert zufolge sehr einfach und bescheiden. Als junger Mann hatte er sein Quartier in einem kleinen Häuschen neben dem eigentlichen Wohn- und Geschäftshaus, dem heutigen „Kiskerhaus“.[9]

Im Jahr 1834 vermählte er sich mit der gerade zwanzigjährigen Wilhelmine Steller, Minna genannt. Auch nach der Heirat verzichteten  die Eheleute auf jeden Luxus. Gut war, was sich als solide und zweckmäßig erwies. Und genau so war wohl das 1865 von Eduard gebaute Klinkerhaus Kiskerstraße 1.

Groß gefeiert wurde bei den Kiskers allein der Geburtstag Eduards am 21. Juni. Zu diesem Anlass versammelte der „Patriarch“ gern seine ganze große Familie um sich.[10]

 

Naturfreund an der Nordsee

Mit „großem Gefolge“, sprich der eigenen Familie und den Familien seiner Geschwister, reiste Eduard Kisker auch alljährlich im Sommer an die Nordsee. Es war die Zeit der aufblühenden Seebäder. Er liebte die See und berauschte sich an den Naturgewalten. Rothert erzählt dazu eine abenteuerliche Geschichte: Eine stürmische Überfahrt nach Helgoland gedachte Eduard Kisker an Deck zu genießen – komme, was da wolle. Während alle anderen Passagiere im Schiffsinnern Zuflucht gesucht hatten, ließ er sich an seinem Sitz festzurren und hielt dort Sturm und Seegang aus, bis die Felseninsel erreicht war.[11]

Mit 78 Jahren starb Eduard I. in Bad Soden. Sein jüngster Sohn, Eduard II. übernahm die Leitung der Firma und baute nun den Brennereibetrieb wesentlich aus.

[1] Vgl. PDF „Philanthropin Schnepfenthal“ in: Haller ZeitRäume/Volldampf voraus!/Eduard Kisker/Philanthropin, URL: http://www.hallerzeitraeume.de/upload/download/Philanthropin_Schnepfenthal.pdf [online am 26. Juni 2011].

[2] Eduard Rothert: Chronik der Familie Kisker, o.O. 1906.

[3] Vgl. Karl Wolff, Freud und Leid im Kreise Halle (Westf.) – 1800-1905, Halle/Westfalen 1905, S. 80f.

Die Eisenbahnstrecke Brackwede-Osnabrück wurde am 15. August 1886 eröffnet. Ebd. S. 85.

[4] Die Stiftung, die auch als „Bürgerverein“ bekannt war, wurde 1845 von Haller Honoratioren gegründet.
Der Begriff „Bürger“, steht zu dieser Zeit noch für die besser situierten Einwohner, die sich namentlich durch Haus- und Grundbesitz von den „Leuten“ unterschieden.

[5] Vgl. Wolff, S. 45ff.

[6] Vgl. Wolfgang Kosubek: Jubiläumsschrift zum 275jährigen Bestehen der Firma Kisker, o.O. 2007.

[7] Vgl. Kisker-Brennereien/Geschichte/Die 4. Generation, URL: http://www.kiskerbrennereien.de/index.php?module=texte&id=12 [online am 2- Juli 2011].

[8] Vgl. Kosubek, o.S.

[9] Rothert, o.S. Wilhelmine Kisker wurde Minna genannt. Sie ist in der Literatur gelegentlich auch unter diesem Namen aufgeführt.

[10] Ebd.

[11] Rothert, o.S.