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ZeitRaum 7 Aufklärung & RomantikThemenwand Romantik Kurbad Tatenhausen

Kurbad Tatenhausen

Kupferstich | 1830
Privatbesitz

Der Graf von Korff-Schmising selbst betrieb 1819 den Ausbau der kleinen Tatenhausener Mineralquelle zum geschätzten Kurbad. Dessen Zauber war die Mischung: gesundheitsfördernde Schlamm- und Mineralbäder, sommerliche Lustbarkeiten in angenehmer Gesellschaft und das romantische Ambiente des Adelssitzes Schloss Tatenhausen. Den größten Zuspruch hatte das Bad 1826 mit 1020 Kurgästen. Mehr über Logis, Badebetrieb und Gesellschaftsleben in „Bad Tatenhausen“ erfahren Sie unter

… alle Details und Hintergründe

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...auch interessant: Tatenhausen gemalt

Schloss Tatenhausen

Das Wasserschloss mit seinen Spiegelungen ist zu jeder Jahreszeit ein beliebtes Motiv von Künstlerinnen und Künstlern. Hier hat Hermann Goerke die Fühlingsstimmung um 1949 als Aquarell festgehalten.

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Bokemühle

Die kleine Bokemühle versteckt sich im Tatenhausener Wald. Wilhelm Bentlage senior hat sie um 1950 mit Pastellkreide gemalt.

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Schloss Steinhausen

Die jungen Herren von Tatenhausen erhielten zunächst den kleinen Adelssitz Steinhausen und seine Ländereien „zum Üben“. Das Anwesen lag auf dem heutigen Gelände der Firma Storck. Es galt um 1950 als baufällig. Bevor es abgebrochen wurde, hat Hermann Goerke es verewigt.

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Details und Hintergründe

Tatenhausen - Kurbad am Wasserschloss

Graf Maximilian von Korff genannt Schmising führte selbst Regie beim Ausbau des kleinen Bokeler Gesundbrunnens zum geschätzten Kurbad ganz in der Nähe seines Schlosses Tatenhausen. Von 1819 bis etwa 1860 erlebte der Badebetrieb dort seine Blüte.

Der Zauber Tatenhausens war die gelungene Mischung aus gesundheitsfördernden Bädern, einem entspannten Gesellschaftsleben mit verschiedenen Lustbarkeiten und dem romantischen Ambiente des gräflichen Wasserschlosses mit seinem Park.

Im Jahr 1826 fand Tatenhausen seinen größten Zuspruch mit 1020 Kurgästen und 6554 Bädern, die bei Rheuma, Knochen- und Nervenleiden Linderung versprachen. Die Logiergäste kamen vor allem aus den Kreisen Halle, Warendorf, Münster, Herford und Bielefeld.[1]

 

Entstehung

Die Mineralquellen und Schlammquellen waren eher zufällig um 1795 entdeckt worden. Der Bokeler Bauer Nagel fand auf seinem Land stellenweise merkwürdig gallertartigen Morast sowie zwei sprudelnde Wasserquellen. Der damalige Graf von Korff-Schmising ließ in Münster eine Analyse dieses Wassers durchführen und bekam vom dortigen Professor Detten einen günstigen Bescheid für die Anlage eines Trinkbrunnens. Zwanzig Jahre später nahm Graf Maximilian die Einrichtung des Kurbetriebes ungewöhnlicherweise selbst in die Hand. Dabei nutzte er eine der beiden Quellen für Trink- die andere für Badekuren. Zudem erbaute er das Bade- und das Gesellschaftshaus in gutsherrlichem Stil ganz in seiner Nähe. Vom Schloss zum Badehaus galt es nur den Postweg von Halle nach Münster zu überqueren.

Badehaus und Wirtshaus in Tatenhausen. Kupferstich nach Brandes/Tegeler: Die Mineralquellen und das Mineralschlammbad zu Tatenhausen, Lemgo 1830.

Flanieren

Die Anlage von Alleen erlaubte den Gästen beim Spazieren Einblicke in den Schlosspark jenseits der Gräfte, die durch den aufgestauten Laibach entstand.

Ein Blickfang im Park war die barocke Orangerie, die der renommierte Architekt Johann Conrad Schlaun 1751 entworfen hatte. Der Glanz des Adels lag damit wohl über der neuen Badeanlage und machte diese für die gehobene bürgerliche Gesellschaft besonders reizvoll. Doch das Bad sollte – und auch das ist bemerkenswert – nicht nur die „Honoratiores“ sondern alle sozialen Schichten ansprechen.

 

Unterkunft

Den Kurgästen, die meist 10 Tage, manchmal aber auch bis zu 3 Wochen blieben, standen 1831 insgesamt 45 Logierzimmer zur Verfügung. Diese waren auf verschiedene Gebäude verteilt, wobei der Graf auch neun Zimmer im Torhaus des Schlosses zur Verfügung stellte. Weitere Unterkünfte fanden sich im Dachgeschoss des Gasthofs Tatenhausen, im Försterhaus und privat auf den umliegenden Höfen. Die Logierzimmer waren meist schlicht eingerichtet. Es gab je eine Bettstelle mit Strohsack, einen Tisch, zwei Binsenstühle und einen Kleiderschrank. Für den gehobenen Anspruch standen einige Zimmer mit Sofa, einem halben Sofa oder einem Sessel sowie Kommode oder Schreibpult zur Verfügung.

Die barocke Orangerie im winterlichen Park des Wasserschlosses Tatenhausen entworfen von Johann Conrad Schlaun 1751. Foto: Wolfgang Kosubek.

Badebetrieb

Der Kurbetrieb in Tatenhausen beschränke sich auf die Sommerzeit von Mitte Juni bis Ende August. Die Kurgäste wurden während ihres Aufenthalts nach Wunsch von einem Arzt betreut. Angeboten wurden Trinkkuren, Mineral-, und Dampfbäder sowie die ab 1855 immer beliebter werdenden Schlammbäder. Die Anwendungen sollten bei Muskel- und Gelenkrheumatismus lindernd wirken, ebenso bei Lähmungen und anderen Nervenleiden. Erfolge stellten sich besonders oft bei rheumatischen Erkrankungen ein.

In einer sogenannten Küche wurde das Wasser erhitzt, das über Leitungen in die einzelnen Badezellen geleitet wurde. Hier konnte der Kurgast schon um 1830 das fließende (!) kalte und heiße Badewasser nach Belieben selbst einlaufen lassen. Schlammbäder wurden in der Küche offenbar in fahrbaren Wannen vorbereitet und von einem Gast mehrmals verwendet.

Im Hintergrund leisteten die Einheimischen Schwerstarbeit bei Schlammgewinnung und –transport sowie beim Einheizen des Wasserkessels, der Vorbereitung der Bäder und den Reinigungsarbeiten.

Das ehemalige Badehaus in Tatenhausen um 2016. Foto: Wolfgang Kosubek.

Gesellschaftliches Leben

Das Leben zu Tatenhausen ist ein ungenirtes, wie es an einem Curorte sein muß. Es fehlt hier nicht an Unterhaltung, da sich täglich Fremde aus der Nachbarschaft einfinden und es auch nicht an gebildeten Curgästen fehlt. Außerdem bietet Tatenhausen und dessen Umgebung den Curgästen die mannigfaltigste Abwechslung der Gegenstände dar, welches zum Lustwandeln auffordert und den Aufenthalt hier ebenso angenehm als zuträglich für die Gesundheit macht“[2], schreiben Brandes und Tegeler 1830.

Zum Zeitvertreib kegelte man oder spielte Billard – Hazardspiele, also Glücksspiele, vorzugsweise mit Würfeln, waren jedoch verboten. Am Sonntag fanden sich die Bewohner der Nachbarschaft ein, um unter freiem Himmel für die Gäste zu musizieren. Man zeigte sich im 1830 erbauten „Gesellschaftshaus“, dem heutigen Gasthof Tatenhausen. Hier wurden die Mahlzeiten eingenommen, wobei die Pächter der Gaststätte dazu verpflichtet waren, allen „Classen der verschiedenen Stände“ mit einem anständigen Mittag- und Abendessen aufzuwarten, „mit den gewöhnlichen Erfrischungen an gutem Wein und was dabei gehört.“[3]

Im Gesellschaftshaus gab es ferner eine Schenke und einen Saal, der abends hell erleuchtet werden konnte, als dort ab 1839 regelmäßig Sonntagsbälle stattfanden. Das Kurbad Tatenhausen war damit nicht nur ein Magnet für Logiergäste sondern auch für Tagesbesucher, die hier ihre Bäder nahmen. Dazu kamen Ausflügler aus der Umgebung sowie Besucher der Veranstaltungen.

Das Torhaus des Wasserschlosses Tatenhausen um 2016. Foto: Wolfgang Kosubek.

Einschlafen des Kurbetriebes

Bis 1843 wurde die Badeanlage erweitert, zuletzt um die beliebten Schlammbäder. In den 1870er Jahren erhielt das Kurbad Tatenhausen noch einmal kurzzeitig verstärkten Zuspruch durch den neuen, engagierten Pächter Hoffschulte. Doch ab 1879 hatte Tatenhausen seinen Glanz verloren. Zum Schluss benutzten nur die Tatenhausener selbst noch ihr Badehaus. 1903 wird der fortschreitende Verfall des still liegenden Badebetriebes beklagt und eine Wiederaufnahme angeregt, doch offenbar traute niemand Tatenhausen zu, mit „Kaiserbädern“ wie Bad Oeynhausen zu konkurrieren…

Die Gebäude des Kurbades Tatenhausen sind bis heute erhalten und werden gastronomisch bewirtschaftet.

Gasthaus Tatenhausen um 1890. Auf dem Schossteich konnte man ein bisschen rudern, wenn das Boot nur klein genug war. Postkarte aus Privatbesitz.

[1] Der folgende Text ist eine Zusammenfassung des Aufsatzes von Fred Kaspar: Das Mineral- und Moorbad am Schloß Tatenhausen bei Halle (Kreis Gütersloh); in Ders.: Brunnenkultur und Sommerlust, Bielefeld 1993, S. 123-140.

[2] Brandes/Tegeler: Die Mineralquellen und das Mineralschlammbad zu Tatenhausen, Lemgo 1830, S. 4f.

[3] Archiv Tatenhausen K20/5d: Verpachtung Gastwirtschaft.