„Klammheimlich wollen die Katholiken in Stockkämpen ein Kloster bauen!“, so argwöhnten die evangelischen Ravensberger Bauern im Jahr 1691. Kurzerhand trafen sie sich nachts und schaufelten die Baugrube für das neue Kirchlein wieder zu – doch ohne dauerhaften Erfolg.
Mit hellem Glockengeläut behauptet sich die kleine katholische Mission seit 1696 im evangelischen Ravensberger Land . Zur Kirche, zum „Klösterchen“, zu Schule und Friedhof finden Sie hier
Jedes Exponat hat eine eigene Seite.
Kehren Sie zurück zu
Ausstellung, Themenwand 2 Wir werden Preußen, ZeitRaum 8 Wir werden Preußen und finden Sie weitere interessante Ausstellungsstücke.
Stöbern Sie mit Hilfe des Zeitstrahls weiter durch die Sammlung oder entdecken Sie weiter unten Informationen, die einen Bezug zum gewählten Exponat haben.
Stockkämpen – Kirche & Klösterchen
Glockengeläut ist zu hören, das auf eine kleine Glocke deutet und die Neugier erweckt, zu erfahren, woher es kommt. Die Glocke befindet sich, wie schon der Klang vermuten lässt, auf einer schlichten Kapelle, versteckt im Wald in Stockkämpen.
Hier war vor 300 Jahren kein so schöner üppiger Wald, wie heute, sondern Heide- und Sumpflandschaft mit niedrigem Bewuchs.[1]
Viele Bäume, die hier heute die Kapelle nahezu verbergen, sind von den Patres gepflanzt worden, die hier von etwa 1700 bis 1849 lebten. Sie arbeiteten, predigten und kümmerten sich um die christlichen Dienste für ihre Schäflein. Dabei mussten sie weite Wege über Land zurücklegen. Der Gebäudebestand war armselig und mitunter sehr heruntergekommen. Auch wenn die Grafen von Tatenhausen und Holtfeld sich im 18. und 19. Jahrhundert darum kümmern sollten, kam das Geld, je nach dem Wohlstand der Grafen, mal besser und häufig auch kläglich.
Aber wie kam es zu dem Bau dieser Kirche? Der Dreißigjährige Krieg und die Reformation waren vorbei. Im Amt Ravensberg[2] blieben nur noch die adligen Häuser Tatenhausen, Holtfeld, Brincke katholisch. Auch deren Bedienstete und „eigenbehörige“ Bauern mussten den Glauben ihrer Herrschaft teilen.[3] So gab es eine kleine katholischen Minderheit, die an den Adel gebunden war, inmitten des evangelischen Ravensberger Landes. Für sie gab es als einzige katholische Kirche die Schlosskapelle von Tatenhausen. Die private Kapelle wurde aber im Laufe der Zeit den Ansprüchen nicht mehr gerecht, zumal damals etwa 600 bis 700 Katholiken in der Umgebung der drei Adelssitze lebten. So forderten etliche der Katholiken eine eigene Kirche.
Bereits 1668 erreichten entsprechende Bittschriften den Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640 – 1688), zu dessen Territorium die Grafschaft Ravensberg gehörte. Dem Anliegen wurde dann auch 1672 zugestimmt. Der Kurfürst verfügte, dass ein „Exercitium [religionis] publicum“, also die öffentliche Ausübung religiöser Handlungen, bei Versmold oder einem anderen den Katholischen anständigen Orte einzurichten sei, jedoch dass er den Evangelischen nicht nachteilig sei. Und auf ihre eigenen Kosten ihnen eine Kapelle, Predigerhaus oder Kirche und sonsten zu bauen“.
Nun galt es also einen den Evangelischen „nicht nachteiligen Ort“ zu finden.
Stockkämpen – Woher der Name kommt …
Die Legende erzählt, dass die beiden edlen Herren Franz Wilhelm Freiherr von Wendt (Holtfeld) und Friedrich Matthias Freiherr von Korff-Schmising (Tatenhausen) sich zur gleichen Zeit auf den Weg gemacht hätten, um sich auf der Hälfte der Wegstrecke zu treffen. Hier habe man beschlossen, die Kirche zu bauen. Als Zeichen haben sie einen Wanderstock in den Kamp gesteckt. Aus dieser Begebenheit soll sich der Name „Stockkämpen“ herleiten. Soweit die Legende.
Dokumentiert ist Folgendes: Zwischen beiden Schlössern lag der Hof Dockweiler. Zu diesem gehörte etwas nördlich eine Besitzung, die „Stockkamp“ genannt wurde. Es wird beschrieben, dass dieses Gelände derart öde und eine unbewohnte Wüstenei sei, so dass die Evangelischen keinen Einwand haben würden. So geschah es, dass die Herren von Tatenhausen, Holtfeld und Halstenbeck eine Fläche von etwa 20 Morgen (5 ha) von der Witwe Dockweiler für 50 Taler kauften.
Dann fehlte aber das Geld für den Bau der Kirche. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg erlaubte darum 1687, dass die Kollekte in allen evangelischen Kirchen in Ravensberg zugunsten des Kirchenbaus in Stockkämpen verwendet werden soll. Die Spendenbereitschaft war sehr groß, und so konnte man mit der konkreten Planung beginnen.[4]
Vor dem Bau der Kirche wurde bereits 1691 ein Fachwerkhaus errichtet, worin zunächst die Bauarbeiter eine Unterkunft fanden. Nachdem die Kirche geweiht war, konnte das Gebäude als „Klösterchen“ dienen, das heißt, als Wohnstätte für die Patres sowie als Schule und der hintere Teil als Stall.
Die Arbeit an der Kapelle begann ziemlich mühselig, da die evangelischen Bauern nachts die Baugruben zuschütteten. Rund um die Kirche sollte ein Wald entstehen, in dem die Patres Wege anzulegen gedachten, mit Bildstöcken für Andachten und Prozessionen. Aber auch die Pflanzlöcher für die Bäume warfen die Bauern wieder zu und rissen sogar neu angepflanzte Bäume aus der Erde. Erst das energische Eingreifen des Ravensberger Drosten Clamor von dem Bussche setzte dem Treiben ein Ende.
Die Stockkämper Kirche wurde als sehr schlichte Saalkirche aus geschlemmtem Bruchstein ausgeführt.[5] Sie hat keinen Turm, ist aber immerhin mit einem Dachreiter ausgestattet. Nach einer Bauzeit von sechs Jahren konnte die Kirche am 30. September 1696 geweiht werden. Sie erhielt den Namen „St. Johannes Evangelist“. Ob diese Namensgebung in Anlehnung an die in Halle fast 500 Jahre zuvor erbaute St. Johanniskirche erfolgte, die seit der Reformationszeit von den Protestanten genutzt wird, ist nicht bekannt, wird aber vermutet.[6]
Obwohl die meisten katholischen Kirchen der Umgebung, das Stockkämper Kirchlein heute an Größe und Prunk übertreffen, blieb es dennoch der Mittelpunkt des katholischen Lebens. Seine Strahlkraft wirkt besonders durch die jährliche traditionsreiche Fronleichnamsprozession durch den lichten Buchenwald. Auf Sandkissen sind christliche Motive aus Blüten und Blättern gelegt worden und bezaubern nicht nur die Gläubigen – heute genauso wie vor 300 Jahren. Da wundert es nicht, dass sich die katholischen Gemeinden im alten Amt Ravensberg beziehungsweise im Altkreis Halle unter dem Namen „Pastoralverbund Stockkämpen“ zusammengeschlossen haben.
Innen ein Schmuckstück …
Im Gegensatz zur äußeren schlichten Bauweise ist das Innere der Kirche recht üppig gestaltet. In den vergangenen 300 Jahren wurde es mehrfach renoviert und je nach Vermögen der Adelsfamilien großzügig ausgestattet.
Beim Betreten der Kirche fällt der Blick auf den mächtigen barocken Hochaltar, der um 1715 entstand. Er wurde gestiftet von Friedrich Mathias Baron Korff-Schmising und seiner Ehefrau Alexandrine Hedwig von Velen.[7] Das Allianzwappen oben im Hochaltar weist auf die Stifter: links die französische Lilie für die Korff-Schmisings und rechts drei Enten im Gras, das Wappen des westfälischen Adelsgeschlechts von Velen.[8] Alexandrina Hedwig brachte nicht nur ein eigenes Wappen sondern auch einen erfreulich großen Geldbeutel mit in die Ehe. Das Gemälde in der Mitte des Hochaltars wird eingerahmt von zwei gewundenen Säulen mit muschelgeschmückten Pilastern. Daran lehnen sich links Josef mit dem Jesuskind und rechts Maria, hier als Mädchen an der Seite ihrer Mutter Anna dargestellt.
Die Kanzel zur rechten Seite kam 1750 hinzu.
Der Marienaltar wurde um das Jahr 1760 errichtet. Die Stifter waren Franz Otto von Korff-Schmising und seine Ehefrau Anna Elisabeth Maria von Droste zu Vischering. Die spätere Ausmalung der Figuren veranlasste Gräfin Paula von Korff-Schmising Ende des 19. Jahrhunderts aus Dankbarkeit für die unversehrte Rückkehr ihres Sohnes aus dem Kriege.[9]
Der Beichtstuhl war von Anfang an in der Kirche. Er wurde später restauriert und mit Ornamenten versehen.
Über den Kirchenbänken schwebt die spätgotische Doppelfigur „Maria mit dem Kinde“ und „Anna selbdritt“[10]. Sie ist älter als die Kirche und stammt bereits aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Die Orgel wurde um 1780 durch den Patron Freiherr von Wendt geschenkt. Die Wappen an der Orgel repräsentieren die Adelshäuser Korff-Schmising, Fürstenberg-Stammheim, Wendt, Markant und Ansemburg. Das Wappen des Spenders befindet sich an der kircheninternen Seite des Orgelschrankes. Das Instrument wurde 1867 restauriert, musste aber 1884 doch durch ein neues ersetzt werden. Diese Orgel erklang 100 Jahre lang im Gottesdienst und erfreut, nach einem Umbau 1980 durch das Orgelbauunternehmen Speith aus Rietberg, bis heute die Gläubigen, so etwa bei der Messe am Samstagabend, bei Tauf- und Traugottesdiensten.[11]
Die Kirchenfenster sind ebenfalls Zeitzeugen der Einweihung: Das Fenster hinter dem Hochaltar und das runde Fenster über dem Eingang sind 1696 eingesetzt worden, sind also von Anfang an in der Kirche.
Die Fenster im Chor wurden 1886 von der Witwe Josephine Schultze aus Oldendorf bei Halle gestiftet. Auf dem Gutshof Schultze wurde bereits vor der Erbauung der katholischen Kirche in Halle (1908/1909) Gottesdienst gefeiert.[12]
Die sechs Fenster an den Seiten wurden etwa um das Jahr 1900 eingesetzt und mit den Wappen der Herrenhäuser, die Bezug zur Kirche haben, versehen:
Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Kirche von Anfang an zwei Glocken besaß. Fest steht, dass 1815 der Umguss einer Glocke stattgefunden hat, weil die alte Glocke teilweise zersprungen war und drohte, herunterzufallen. Der damalige Rentmeister Gescher von Holtfeld bemerkte diesen Zustand und berichtete nach Tatenhausen, dass „die ersten beiden adligen Bänke bei einem Abspringen der Glocken in Mitleidenschaft gezogen würden“[13].
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Kirche auf jeden Fall zwei Glocken. Beide Glocken wurden 1864 von H.L. Lohmeier in Gütersloh gegossen.
Die kleinere Glocke hat eine Höhe und einen Durchmesser von je 50 cm und trägt die Inschrift: „Soli Deo Gloria“ (Allein zur Ehre Gottes). Sie ist heute noch in Funktion. Diese Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg zusammen mit der zweiten Glocke beschlagnahmt und zum Einschmelzen fortgeschafft. Wohl durch einen Zufall geriet die kleine Glocke nicht in die Waffenschmieden des Deutschen Reiches und konnte nach dem Kriege vom Dortmunder „Glockenfriedhof“ abgeholt werden.
Die neue zweite Glocke wurde am 11. Dezember 1955 durch den Dechanten Sunder aus Bielefeld geweiht. Sie trägt die Inschrift „Veriati et Cariati“ (Der Wahrheit und Nächstenliebe). Sie war ein Geschenk der Pfarrgemeine Stockkämpen zum 40-jährigen Priesterjubiläum des Pfarrers Julius Kraudelt.
Im Raum unterhalb der Kirche soll sich eine Gruft befinden. Mehrere Patrone aus dem Hause Tatenhausen sollen in der Gruft ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Deren Namen sind auf der Gedenkplatte neben der Pieta aufgeführt. Auch drei Franziskaner-Patres und ein Laienbruder, die Anfang des 18. Jahrhunderts verstorben waren, haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Friedhof und Mausoleum
Das Kirchlein hatte also am 30. September 1696 seinen Segen bekommen. Am darauffolgenden Tag, den 1. Oktober 1696, wurde auch der neu angelegte Friedhof geweiht.[14]
Dieser präsentiert sich nicht als exakt angelegtes Gartenkunstwerk, sondern eher als ein Stück Natur, in das sich die Grabstätten harmonisch einfügen, einen „Gottesacker“.
Beim Betreten fällt rechts ein Grabkreuz durch seine Größe und Schlichtheit auf. Ist es ein Friedhofskreuz? Oder wurde es einem wichtigen Mitglied der gräflichen Familie gewidmet? Steht man davor und entziffert die eingemeißelte Inschrift: „Die hochedle Junffer – Alexandrina Hedwig Ernsts – ist seelig gestorben D. 31. Mai 1737 ihres Alters im 23. Jahr.“ Keine Adlige, sondern eine unverheiratete junge Frau, eine „Jungfer“ oder „Junffer“, bürgerlichen Standes ruht hier. Im Taufregister wird ihr Vater als Verwalter der gräflichen Finanzen aufgeführt, ein Beruf, den man „Quaestor“ nannte. Gräfin Alexandrina Hedwig von Korff-Schmising wurde die Patin seiner Tochter. Wie damals üblich, erhielten Kinder, insbesondere Mädchen, die Vornamen ihrer Patentanten oder -onkel. Es heißt, die Jungfer sei „hochedel“ gewesen. Vielleicht führte sie einen vorbildlichen Lebenswandel, war in jungen Jahren schon eine bemerkenswerte Persönlichkeit oder wurde von ihrer adligen Patin besonders geschätzt und gefördert. Das Grabkreuz der Alexandrina Hedwig Ernst von 1737 ist das älteste Monument des Stockkämper Friedhofs.
Ein Mausoleum ließ sich die Familie Korff-Schmising 1848 hier errichten. Um 1980 wurde es aufgegeben und noch etliche Jahre als Leichenhalle und Friedhofskapelle genutzt. Heute ist das Mausoleum aufgrund der Einsturzgefahr verschlossen.
Zu Bekanntheit gelangt ist das Begräbnis des Grafen Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg (* 7. November 1750, in Bramstedt/Holstein, † 5. Dezember 1819 in Sondermühlen). Er war Jurist, Dichter und ein Freund Goethes. Stolberg verfügte über beachtliche Sprachkenntnisse und übersetzte die das griechische Heldenepos, die „Ilias“ und andere Werke ins Deutsche. Im Alter von 50 Jahren, im Jahr 1800, konvertierte er zum Katholizismus. Dies bereitete seiner Karriere in den Diensten der evangelischen Fürsten ein jähes Ende. Während der napoleonischen Kriege geriet er in Münster mit der Besatzungsmacht aneinander und musste fliehen. Zunächst kam er in Haus Brincke unter und anschließend im Schloss Tatenhausen. Der Graf lebte sich hier schnell ein und ritt besonders gerne nach Stockkämpen aus. Daher war es sein Wunsch, hier auf dem Waldfriedhof neben seinen Söhnen begraben zu werden.
Pfarrei, Klösterchen und Schule
Wenige Tage nachdem Kirche und Friedhof geweiht waren, trafen sich am 10. Oktober 1696 die Freiherrn von Korff-Schmising und von Wendt, um gemeinsam die Stiftungsurkunde über ihre neu errichtete Pfarrei aufzusetzen. Darin wurde unter anderem festgeschrieben, welche Geldsumme die beiden Häuser jährlich für den Unterhalt der Kirche, der Pfarrei und der hier tätigen Ordenspriester bereitstellen müssen.[15]
Die beiden Adelshäuser bemühten sich darum, dass Franziskanermönche als Patres die Pfarrei Stockkämpen betreuten. Das war naheliegend, denn in Bielefeld, also nur einen halben Tagesritt entfernt, bestand ein Franziskanerkloster. Im mehrheitlich evangelischen Amt Ravensberg führte das zu der Befürchtung, in Stockkämpen solle ein weiteres katholisches Kloster gegründet und womöglich missioniert werden. Allerdings hätte dies nicht im Einklang mit den bestehenden Religionsverträgen der Grafschaft Ravensberg gestanden. Die genaue Regelung der Ordensleitung und der Missionsstation im entlegenen Stockkämpen erfolgte 1707. In der nachfolgenden Zeit, in der die Franziskaner ihre guten Dienste übten, war es vom Vorteil, dass es sich allenfalls um ein „Klösterchen“ handelte, das nicht als Bedrohung empfunden wurde. Die Mönche haben 152 Jahre lang – von 1696 bis 1848 – sehr nützlich in Stockkämpen gewirkt. Sie kümmerten sich um den Erhalt der Kirche und um die verstreut lebenden katholischen Gläubigen. Dies waren die adligen Familien sowie deren Bedienstete und eigenbehörige Bauern. Außerdem eröffneten die Mönche eine kleine Schule, in der sie selbst unterrichteten. Es war die einzige katholische Schule weit und breit, so dass die Kinder lange Schulwege zurücklegen mussten.
Im 18. und 19. Jahrhundert besuchten etwa 40 bis 60 Mädchen und Jungen regelmäßig die Stockkämper Schule. Über die Jahre und Jahrzehnte legten die Patres auch eine verhältnismäßig wertvolle Klosterbibliothek an. Doch die Lern- und Lebensverhältnisse im „Klösterchen“ waren beengt. Zudem war das Gebäude während der 150 Jahre der Franziskaner-Patres immer wieder in schlechtem baulichen Zustand. So wurde es 1826 sogar als „Tugurium“, das heißt als „Hütte“ oder „Verschlag“ beschrieben.[16]
Aufgrund der Säkularisation verzichtete der Franziskanerorden 1848 auf Stockkämpen. Ab Februar 1849 wurde die Gemeinde dann von weltlichen Pfarrern betreut. Zu dieser Zeit wurde das neue Pfarrhaus, ein schmucker Sandsteinbau, fertiggestellt.
Das ehemalige „Klösterchen“ wurde weiterhin als Schulgebäude genutzt. Durch die nationalsozialistischen Machthaber erfolgte am 18. April 1939 deren Schließung. Die Wiederaufnahme des Unterrichts in dem Schulgebäude erfolgte am 22. April 1947. Aufgrund des Zuzugs der katholischen Heimatvertrieben besuchten nach Wiedereröffnung 84 Schüler die Schule. Anschließend sank die Schülerzahl rapide auf etwa 20-30 Mädchen und Jungen. Ab 1950 führte der schlechte bauliche Zustand der Schule zur Diskussion über die Planung eines Neubaus, der dann allerdings erst 1962 an neuer Stelle auf einer Ackerfläche in Richtung Tatenhausen erfolgte. Das „Klösterchen“ wurde anschließend sehr gut renoviert und dient jetzt als Gemeindehaus für die katholische Gemeinde.
Dr. Anne Calder im Dezember 2024
Manche Leserinnen und Leser werden sich fragen, warum denn das 1867 gegründete Paulinenhospital in Stockkämpen mit keinem Wort erwähnt wird. Das kleine Krankenhaus ist das Thema eines eigenen Beitrags, der im kommenden Jahr erscheinen wird.
Literatur
[1] Jubiläumsschrift 300 Jahre Stockkämpen (1696 ― 1996), Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, Halle–Stockkämpen, 1996.
[2] Das Amt Ravensberg entsprach geografisch etwa dem heutigen Altkreis Halle (Borgholzhausen, Halle, Steinhagen, Versmold, Werther).
[3] Eigenbehörige Bauern waren nicht frei, sondern gebunden an den Grund und Boden ihrer adligen Herren, auf dem sie lebten und den sie bestellten. Ein Fortzug wurde Eigenbehörigen nur dann erlaubt, wenn sie dem Grundherren eine gleichwertige Person als Ersatz boten. Wollte beispielsweise eine Braut zwecks Heirat das Land des Grundherren verlassen, konnte die Schwester des Bräutigams im Tausch Eigenbehörige des Grundherren werden. Die Eigenbehörigkeit endete mit der französischen Besatzung des Ravensberger Landes von 1807-1813 durch die Einführung des „Code Civil“.
[4] Diese finanzielle ökumenische Hilfe ist für die damalige Zeit bemerkenswert und steht im Widerspruch zum handgreiflichen Zuschütten der Baugrube durch die evangelischen Bauern.
[5] Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen/Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Baukunst-NRW, St. Johannes Evangelist und Friedhofskapelle in Stockkämpen, URL: https://www.baukunst-nrw.de/objekte/St.-Johannes-Evangelist-und-Friedhofskapelle-in-Stockkaempen–2441.htm [online am 12. Dezember 2024].
[6] Jubiläumsschrift 300 Jahre Stockkämpen 1696 ― 1996, Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, Halle–Stockkämpen, 1996. S. 19.
[7] Chronik über 21 Generationen des Geschlechts der Ritter, Freiherren und Grafen von Korff gn. Schmising zu Tatenhausen. Friedrich Mathias Baron Korff-Schmising (* 15. Sept.1660, † 20. April 1729), Ehefrau Alexandrine Hedwig geb. von Velen († 1. April 1729).
[8] Zum Allianzwappen vgl. Karin Niehaus: „Zufällig beim Spaziergang im Wald entdeckt“, Westfalen-Blatt, Haller Zeitung, 5. Mai 1999. Die Enten oder entenähnlichen Vögel (Canetten) sind ein heraldisches Motiv.
[9] Chronik über 21 Generationen des Geschlechts der Ritter, Freiherren und Grafen von Korff gn. Schmising zu Tatenhausen, Manuskript (um 1986), Stadtarchiv Halle (Westf.). Franz Otto von Korff-Schmising, (* 30. Sept 1719, † 1790).
[10] Der Name „Anna selbdritt“ bedeutet wörtlich „Anna selbst“. Er bezieht sich darauf, dass Anna nicht allein dargestellt ist, sondern zusammen mit ihrer Tochter Maria und ihrem Enkel Jesus.
[11] Hans-Werner Coordes: Orgelatlas Ostwestfalen-Lippe; URL: www.orgel-owl.de [online am 16. Dezember 2024].
[12] Der Hof Schultze („Schulzenhof“) war der größte in Oldendorf und trug die Nummerierung „Oldendorf Nr. 1“. Heute ist das Anwesen in städtischem Besitz und wird unter dem Namen „Beckmanns Hof“ als Kindertagesstätte genutzt.
[13] In den Kirchen, auch in der evangelischen Kirche zu Halle, gab es feste Sitzplätze, die Bänke oder auch „Priechen“ genannt wurden. Sie gehörten zum Familienbesitz, konnten veräußert oder vererbt werden. Bedeutende Personen und deren Familien nahmen die besten Priechen ein. Der Schreiber lässt die Abwendung der Gefahr noch dringlicher erscheinen, indem er anmerkt, dass das Eigentum der adligen Familien oder die Familienmitglieder selbst andernfalls zu Schaden kommen könnten.
[14] Jubiläumsschrift 300 Jahre Stockkämpen (1696 ― 1996), Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, Halle–Stockkämpen, 1996.
[15] Jubiläumsschrift 300 Jahre Stockkämpen (1696 ― 1996), Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, Halle–Stockkämpen, 1996.
[16] Jubiläumsschrift 300 Jahre Stockkämpen (1696 ― 1996), Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, Halle–Stockkämpen, 1996, S. 31. Hier lautet die Übersetzung abweichend von lateinischen Originaltext „Taubenschlag“.