Die Welt hatte sich verändert, in die die demobilisierten Kriegsteilnehmer zurückkehrten. Glanz und Militarismus des Kaiserreiches waren Geschichte. Das, wofür sie ihr Leben eingesetzt hatten, galt in der jungen, demokratischen Republik nichts mehr. Auch sie selbst hatten sich durch ihre Kriegserlebnisse verändert. Sich im zivilen Leben zurecht zu finden, fiel schwer.
Halt boten den Männern die ab 1918 entstehenden Frontkämpferbünde und die traditionellen Kriegervereine, wie etwa der in Künsebeck. Allein im Februar 1919 traten 107 neue Mitglieder ein. Die gemeinsame Kriegserfahrung – die sie von anderen unterschied – und ihre bleibende Kameradschaft symbolisiert diese Tafel, auf der die Namen aller Kriegsteilnehmer aus Künsebeck genannt werden, auch die der Gefallenen.
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Der Kriegerverein Künsebeck hatte vor dem Ersten Weltkrieg weit über 70 Mitglieder. Nach Kriegsende 1918 stieg die Zahl auf mehr als 200 eingetragene Kameraden. Mitgliederlisten sind nicht erhalten.
In jedem Quartal fand eine Vereinssitzung statt, deren Ablauf im Protokollbuch festgehalten wurde.
Aus dem Protokollbuch:
„50 Kameraden sind im Kriege. Es wurde beschlossen, Zigarren und Tabak ins Feld zu schicken. Auch wurde Geld für Wollgarn bewilligt.“
„Ferner wurde beschlossen eine Geldsammlung in der Gemeinde abzuhalten, für Zigarren und Tabak für unsere Kameraden im Felde.“ Vereins-Kriegs-Chronik des Krieger-Vereins Künsebeck
„Ferner wurde beschlossen eine Geldsammlung in der Gemeinde abzuhalten, zur Weihnachtsgabe für unsere Kameraden im Felde.“
„Er wurde durch Erheben von den Sitzen das Andenken der durch den Tod ausgeschiedenen Kameraden Strothotte sen. und jun., Pallmeier, Buse, Vahlenkamp und Leimkühler geehrt.“
Die Versammlungen sind nur schlecht besucht, da „die jüngeren Kameraden ja alle eingezogen sind“.
Eine Geldsammlung in der Gemeinde für die 3. Weihnachtsgabe für die Kameraden an der Front bringt 819,50 Mark ein. Auch Zigarren und Tabak werden weiterhin geschickt.
Weitere 10 Gefallene werden geehrt.
Hier folgt eine Pause von zwei Jahren.
1917-1919 – Das lange Kriegsende
In diese Zeit fallen der verlustreiche Stellungskrieg und schließlich die Niederlage Deutschlands, das Kriegsende mit der Abdankung des Kaisers und der demokratische Neubeginn.
Viele Frontsoldaten kehren im Winter 1918/19 krank nach Hause zurück. Läuse, Geschlechtskrankheiten und die Spanische Grippe sind Probleme, die, wegen der Ansteckungsgefahr, von den Zeitungen thematisiert werden. Über körperliche Entstellungen und seelische Verletzungen, die sich etwa durch das Zittern der Hände zeigen, wird der Mantel des Schweigens gebreitet. Viele Soldaten sprechen mit ihren Angehörigen niemals über das Erlebte. Die Kameraden dagegen wissen aus eigener Erfahrung um das Grauen des Krieges.
Es treten 107 neue Mitglieder ein. H. Schlienkamp schlägt vor, eine Ehrentafel für die gefallenen Krieger anzuschaffen.
Es soll eine Begrüßungsfeier für alle Heimkehrer und die heimgekehrten Kriegsgefangenen stattfinden am 29. November 1919 „abends 7 Uhr bei Jäckel“. Kamerad Jäckel stellt den Kaffee, „das Zubrot besorge jeder selbst“.
Januar 1922 – aus Kriegerverein wird Kyffhäuser-Kameradschaft
Der Deutsche Kriegerbund und der Kyffhäuserbund schließen sich 1922 zusammen zum „Deutschen Reichskriegerbund – Kyffhäuser“. Auch der Künsebecker Verein wird den Namen „Kyffhäuser Kameradschaft“ übernehmen.
Die Mitgliedsbeiträge steigen durch die Inflation auf 5 Millonen Mark. Schulkinder werden mit einer Liste durch Künsebeck geschickt, um die Beiträge abzuholen. Ihre Entschädigung soll „nach dem jeweiligen Preis eines Eis bemessen werden“.
Die Grünanlage am Künsebecker Kriegerdenkmal wird von zwei Kameraden gepflegt. Auch sie erhalten eine kleine Entschädigung.
Das Denkmal zeigt eine weinende Mutter mit Kindern.
(Entwurf: Fritz Schlienkamp, Foto: Wolfgang Kosubek)
Der Beitrag wird auf 3 Mark festgesetzt. Die Kameraden beschäftigen sich mit der Planung von Winter- und Sommerfesten.
Im Verein sollen das Frontkämpferabzeichen und das Flandernkreuz verteilt werden.
Ein großes Vereinsfest mit Zapfenstreich am Vorabend wird geplant.
Angesichts der schlechten Wirtschaftslage soll einmal nicht gefeiert werden. Die Kegelbahn wird als Schießstand genutzt, um dort im Sommer ein Preisschießen zu veranstalten.
An jedem 1. Mittwoch im Monat soll ein Kleinkaliberschießen stattfinden.
Kamerad Schröder aus Bielefeld hält einen Vortrag über seine Erlebnisse in China.
Eine Filmvorführung wird geplant.
Es melden sich 10 Kameraden, um eine Schießgruppe zu gründen. Am Ende der Sitzung appelliert der Kamerad Torlümke an das Kameradschaftsgefühl und die Treue der Mitglieder. Solch ein feierliches Schlußwort, bzw. eine Einschwörung auf den Verein ist neu.
In der Sitzung wird eine nicht näher erläuterte „Unterstützungsangelegenheit“ behandelt, die „ihre Erledigung gefunden“ habe. Danach geht es zur Planung des Stiftungsfestes über.
Der Verein überlässt die Instrumente seiner Vereinskapelle der NSDAP zur Benutzung.
Mai 1933 – Bekenntnis zu Hitler
Der Präsident des Reichskriegerbundes spricht das Bekenntnis des Reichskriegerbundes zu Adolf Hitler aus.
Der Schriftführer notiert „[…] dem Antrage des Kreiskriegerverbandes wonach der Vorstand mindestens über 50% eingetragene Mitglieder der N.S.D.A. [!] sein muß, wurde eingereicht, darauf sind wir in der glücklichen Lage75% zu berichten.“
Beim Winterfest spielen drei Mann von das SA-Kapelle Halle. Die Kyffhäuserzeitung wird in 2-3 Exemplaren bestellt. Die Schießabende sollen rege genutzt und die [hier erstmals erwähnten] „Schulungsabende“ besucht werden, appellierte der zweite Vorsitzende und „endete in einem dreifachen Sieg Heil auf unser deutsches Vaterland und Führer Adolf Hitler.“
1938 Gleichschaltung – 1943 Auflösung – 1952 Neubeginn
Im März 1938 erfolgt die Umbenennung in „NS-Reichskriegerbund – Kyffhäuser.“ Nach der verlorenen Schlacht von Stalingrad lässt Hitler den Bund auflösen.
Erst 1952 kommt es zur Neugründung als Reservisten- und Schießsportverein.
Auswahl der Zitate aus dem Protokollbuch und Erläuterungen
Katja Kosubek