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Badeanstalt

Foto - etwas sandig | 1925
Leihgabe des Stadtarchivs Halle (Westf.)

Strandleben in Halle! hieß es ab 1925 für Walter, Lieschen und die anderen. Das neue Freibad – von vielen auch Badeanstalt genannt – wurde am Laibach eröffnet. Frisches Quellwasser füllte die Becken, kaum angewärmt durch den Vorfluter.

Die 1920er Jahre brachten eine neue Körperkultur – Schwimmen galt nun als gesund. Die Jugend der Umgebung lockten zudem der wunderbare Sand und die „Schallplattenkonzerte“ ins Haller Freibad. Nur der „magenfreie“ Badeanzug wurde 1932 leider verboten…

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Details und Hintergründe

„Besucht das Freibad Halle, täglich geöffnet!

 

„Große Strandfläche, ausgestattet mit zahlreichen Sitzgelegenheiten, beste Badegelegenheit für Schwimmer und Nichtschwimmer! Wassertemperatur 18 Grad, Sprungturm, Planschbecken für Kinder, Schwimmunterricht. Erfrischungshalle…“

Mit dieser Anzeige im Haller Kreisblatt [1] warb die Stadt für das neue städtische Freibad. Sogar gelegentliche Konzerte der Feuerwehrkapelle Halle sollten die Besucher in Scharen anziehen.

Der Gedanke, in Halle ein Freibad zu bauen, war nicht neu. Bereits am 10. August 1915 wurde von der Militärbehörde für das in Halle ansässige 2. Ersatz-Bataillon Infanterie-Regiment Nr. 131 am Laibach bei Schloss Steinhausen ein Freibad (Badeteich) in Betrieb genommen, das auch von Zivilpersonen zu festgelegten Badezeiten in Anspruch genommen werden durfte.[2]
Die am 14. August 1915 von Amtmann Wolf veröffentlichte Bekanntmachung des Majors und Kommandeurs v. Rheinbaben legt u.a. die (nach Geschlechtern getrennten!) Badezeiten fest:

Wochentags: 6 – 9, 11 – 2.30 und 7.30 – 8.30 Uhr für Herren und Kinder,
3 – 7 Uhr für Militär, 9 – 11 Uhr für Damen und Kinder.
Sonntags: 6 – 9 Uhr für Damen und Kinder, 9.30 – 12 Uhr für Herren und Kinder.
„Auf Innehaltung der Badezeiten hat der Bademeister strengstens zu achten.“

Da die Nutzung dieses Teiches für die Bevölkerung von Halle auf Dauer natürlich nicht ausreichte, beschloss die Stadtvertretung, ein neues und größeres Freibad zu bauen. Im Antrag der Stadtgemeinde Halle i.W. an den Herrn Regierungspräsidenten in Minden auf Gewährung einer staatlichen Beihilfe zu den Kosten einer neu zu errichtenden Badeanstalt vom 16. Juli 1924 liest sich das so:

„Um einem seit langen Jahren bestehenden Bedürfnis abzuhelfen, hat die hiesige Stadtvertretung beschlossen, auf einem von dem Landwirt Kley in Oldendorf b/Halle auf 50 Jahre mietweise zu überlassenden Grundstück eine Sommerbadeanstalt mit Luftbad nach anliegendem Plan zu erbauen. Das Bad soll in dem abgebauten Teil der auf dem Grundstück betriebenen Sandgrube errichtet werden. Die Lage des Platzes, der in unmittelbarer Nähe des Ortes liegt, sowie die Beschaffenheit des Bodens ist für den beabsichtigten Zweck als geradezu ideal anzusprechen. Die Speisung des Badebassins erfolgt durch den in geringer Entfernung vorbeifließenden sog. Laibach, der auch in den heißesten Sommern stets genügend Wasser mit sich führt.“[3]

Blick über den Zaun – das neue Freibad 1925. Stadtarchiv Halle (Westf.)

Blick über den Zaun – das neue Freibad 1925. Stadtarchiv Halle (Westf.)

Am 26. Juli 1925 war es dann endlich so weit. Der Artikel des Haller Kreisblattes geht zwei Tage vor der Eröffnung sehr informativ auf dieses Thema ein: [4]

Zur Einweihung des städt. Freibades Halle i. W.

„Halle i. W., 24. Juli 1925
Meister wird sein, wer was ersann,
Ausführender, wer was kann,
aber: als Helfer ist willkommen: Jedermann!
(Seiffert)

Das Freibad der Stadt Halle wird am kommenden Sonntag, den 26. Juli, der öffentlichen Benutzung übergeben. Aus diesem Anlass findet eine einfache Feier statt, bei der wassersportliche Vorführungen von 50 Bielefelder Schwimmerinnen und Schwimmern stattfinden, die sich dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt haben. Das ausführliche Programm wird durch Plakate veröffentlicht.
Die Entstehungsgeschichte unseres Bades ist kurz folgende: Schon vor Jahren tauchte der Plan auf, auch in Halle eine, allen Anforderungen der Neuzeit entsprechende, Badegelegenheit zu schaffen, nachdem die Verhältnisse in dem bisher benutzten sogenannten Puttketeiche unhaltbar geworden waren. […] Nachdem die Stadtvertretung im vorigen Jahre grundsätzlich beschlossen hatte, eine Badeanstalt zu errichten, wurden die Vorarbeiten in Angriff genommen. Infolge der schlechten Witterung verzögerte sich die Ausführung, wurde dann im laufenden Jahre energisch aufgenommen und so gefördert, daß am kommenden Sonntag die ganze Anlage in Betrieb genommen werden kann.

Postkarte des Städtischen Freibades um 1927. Leihgabe: Helmut Brendel.

Postkarte des Städtischen Freibades um 1927. Leihgabe aus Privatbesitz.

Das Freibad liegt auf den Grundstücken des Landwirts Kley in Oldendorf, 5 Minuten vom Bahnhof Halle entfernt.
Das eigentliche Schwimmbecken ist 20 mal 50 Mtr. groß und bis 3 Mtr. tief. Außerdem ist noch ein Planschteich von 10 mal 20 Meter Ausdehnung vorhanden, der so eingerichtet ist, daß auch die allerkleinsten Wasserfreunde baden können. Den Wasserzufluß erhält das Freibad aus dem Laibach. Das Bachwasser wird in einem, eigens zu diesem Zwecke angelegten, Teiche vorgewärmt. An Gebäuden sind vorhanden: 2 Auskleidehallen, 18 Einzelkabinen und 2 Pavillons, in denen 7 Brausen zur Körperreinigung zur Verfügung stehen. Hinter den Einzelkabinen befinden sich die Abortanlagen.
Der Sprungturm erhält eine Höhe von vorläufig 3 Metern, sodaß auch die Kunst des Springens in ausreichendem Maße geübt werden kann. An Hilfsmitteln sind vorhanden: Schwimmgürtel, Leinen, sowie 3 Rettungsringe. So dürfte unser Freibad zweifellos nach jeder Richtung mustergültig angelegt sein. Das Beste aber hat die Natur für das Bad geliefert und zwar etwas, was sonst nicht sehr beliebt ist, für eine Badeanstalt aber von besonderem Wert ist, nämlich: Sand. Der ganze Umgang des Bades ist mit Sand angefüllt und an der Südseite des Schwimmbeckens liegt eine Sandfläche von zirka 800 qm, die als Luft- und Sonnenbad benutzt werden soll. Bei der im nächsten Jahre geplanten Vergrößerung des Sonnenbades soll die Sandfläche auf die doppelte Größe gebracht werden. Werden dann eine Fläche zur Verfügung haben, auf der sich ein regelrechtes Strandleben entwickeln kann. Es dürfte selbst in der weiteren Umgebung kein Freibad mit ähnlichen günstigen Bedingungen vorhanden sein.[…]
Die Benutzung der Badeanstalt soll durch niedrige Eintrittspreise allen Bewohnern ermöglicht werden. Wie ersehnt und notwendig eine solche Anlage war, beweist der schon jetzt stattfindende Massenbesuch des Freibades. Es darf wohl erwartet werden, daß die Beteiligung an der Eröffnungsfeier eine recht große sein wird, um so mehr, da der „1. Bielefelder Schwimmverein von 1902 (e.V.)“ seine besten Schwimmer und Schwimmerinnen schicken will, um hervorragende wassersportliche Leistungen zu zeigen. Für die musikalische Unterhaltung hat sich die Feuerwehrkapelle bereitwilligst zur Verfügung gestellt.

Anzeige zur Freibaderöffnung, Haller Kreisblatt vom 26. Juli 1925

Anzeige zur Freibaderöffnung, Haller Kreisblatt vom 26. Juli 1925

Zum Schluß darf wohl die Erwartung ausgesprochen werden, daß jeder Besucher des Freibades sich dessen bewußt bleibt, daß es sich hier um eine Anlage handelt, die dem allgemeinen Wohl und der Förderung der Volksgesundheit dienen soll. In der Badeanstalt soll peinliche Ordnung und Sauberkeit herrschen; alle Auswüchse sollen vermieden werden, Freude am Wassersport und dadurch am Leben soll durch die Anlage geweckt werden. Eine weitere Aufgabe muß es sein, dahin zu wirken, daß jeder Schwimmen lernt. Hier kann besonders die Schule erfolgreich tätig sein. Es ist geplant, den Schulen der Stadt die Benutzung des Freibades kostenlos zur Verfügung zu stellen. Hoffentlich behalten wir noch recht lange schönes Badewetter, damit die Kunst des Schwimmens auch in Halle noch weitere Verbreitung findet.

Schwimme, wem die Kraft gegeben,
Schwimme wer da schwimmen kann!
Wer‘s nicht kann, der mög‘s erlernen,
Sei er Jüngling oder Mann!“

Zwei Ereignisse aus der Frühzeit des Freibades sollen in diesem Bericht nicht unterschlagen werden, weil sie aus heutiger Sicht einer gewissen Ironie nicht entbehren:

Das Haller Kreisblatt berichtet, dass am 5. September 1926 Schwimmwettkämpfe in der Badeanstalt stattgefunden haben. Unter anderem wurde ein Wasserballspiel gegen die „Negermannschaft ´Liberia´ unter Führung ihres Häuptlings Kohanamakauku“ ausgetragen.[5]
Außerdem wurde einige Jahre später das Tragen eines zweiteiligen, d.h. bauchfreien Badeanzuges verboten.[6]

Haller Kreisblatt, 29. August 1932 (Auszug).

Haller Kreisblatt, 29. August 1932 (Auszug).

In der Ausgabe vom 26. Juli 1986 erinnert das Haller Kreisblatt etwas wehmütig an den 60. Geburtstag des Freibades Halle, denn Grund zum Feiern gab es nicht.[7] Das für 20.000 Goldmark von Amtsbaumeister Gieselmann gebaute Bad hatte zu diesem Zeitpunkt wegen technischer Mängel geschlossen, der Beckenboden war mit Schlamm und Gras bedeckt.

Den weiteren Werdegang und das Ende des Haller Freibades schildert ein Artikel auf der Webseite des Lindenbades vom 01. September 2011: [8]
„Mit dem letzten Badetag der Freibadsaison endet am Sonntag nach 86 Jahren die Freibad-Ära am Haller Gausekampweg. Zum letzten Mal haben die Badegäste an diesem Wochenende Gelegenheit, im Lindenbad unter freiem Himmel zu schwimmen, ehe das Freibad in seiner jetzigen Form für immer schließt. Das Hallenbad bleibt bekanntlich bis zum Juli nächsten Jahres geöffnet. Danach wird das komplette Bad abgerissen und anschließend als Gartenhallenbad neu gebaut.

Zwei kleine Hallerinnen im Freibad um 1945. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.).

Erst den Sand von den Füßen waschen! Zwei kleine Hallerinnen um 1945. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.).

Die Geschichte des Haller Freibads reicht bis in das Jahr 1925 zurück. Damals wurde am Gausekampweg, in unmittelbarer Nähe des Laibachs, die „Sommerbadeanstalt mit Luftbad“ errichtet, die 48 Jahre lang die einzige öffentliche Badeanstalt in Halle war. Viele Haller werden sich noch an die für heutige Verhältnisse unvorstellbar kühlen Wassertemperaturen erinnern; die Fluten des einspeisenden Laibachs wurden damals ausschließlich von der Kraft der Sonne erwärmt.

Die Badeanstalt im Sommer 1954 (nachcoloriert). Die Wassertemperatur lag bei 18-21 Grad Celsius. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.).

Als im Februar 1973 das Hallenbad eröffnet wurde, konnten die Haller endlich auch drinnen schwimmen. Dennoch erfreute sich das Freibad an heißen Sommertagen unverminderter Beliebtheit und blieb bis in die 80er Jahre nahezu unverändert. Mit dem zunehmenden Wunsch der Badegäste nach einem freizeitorientierten Schwimmen wurde das Freibad dann 1988/89 komplett umgebaut. Unter dem Namen Lindenbad bot es nun Attraktionen wie Riesenrutsche, Schwimmkanal und Wasserpilz, auch die Liegewiese und die Gastronomie wurden erweitert. Das Haller Freibad war eine echte Attraktion, die an heißen Sommertagen bis zu 2.000 Menschen aus der gesamten Region anlockte. Abhängig vom Wetter besuchten zwischen 45.000 und 75.000 Menschen jedes Jahr das Haller Freibad.

Das Lindenbad um 1992. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.)

Das Lindenbad um 1992. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.)

Auch wenn es zukünftig im Lindenbad kein klassisches Freibad mehr geben wird, müssen die Badegäste dennoch nicht auf die Kombination von Sonnenbaden und Schwimmen verzichten. Denn das geplante „Gartenhallenbad“, das (2014, der Verf.) an gleicher Stelle eröffnet wird, soll genau dieses ermöglichen. „Das Lindenbad wird also auch in Zukunft über eine Liegewiese und eine Sonnenterrasse verfügen“, sagt Leiterin Ursula Jünger von der Technische Werke Osning GmbH, die es bedauert, dass ausgerechnet die letzte Haller Freibadsaison buchstäblich ins Wasser fiel – „Aber vielleicht zeigt gerade dieser schlechte und wechselhafte Sommer auch die Stärken des zukünftigen Lindenbads aus.“

Andreas Germann

[1] Stadtarchiv, Akte C 1138.
[2] Haller Kreisblatt vom 14. August 1915.
[3] Stadtarchiv, Akte C 1183.
[4] Haller Kreisblatt vom 24. Juli 1925.
[5] Haller Kreisblatt, 5. September 1926
[6] Haller Kreisblatt, 29. August 1932
[7] Haller Kreisblatt, 26.07.1985
[8] URL: www.Lindenbad.de [online am 1.September 2011].