Hier Amt, was beliebt? – fragte das Fräulein in der Vermittlung. Im Jahr 1901 wurde Halle an das Telefonnetz angeschlossen. Es gab ganze 20 Fernsprech-Teilnehmer, die nun „am Draht lang küern“ konnten.
Im Turm des neuen Postamtes liefen die Telegrafen- und Telefondrähte zusammen. Die Kommunikation nahm an Fahrt auf. Viele Leute glaubten allerdings nicht, dass sich der Fernsprech-Apparat gegen das bewährte Botenwesen durchsetzen würde.
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„Verehrtes Fräulein…“
In unserem beschaulichen Städtchen gab es bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts weder ein Postamt noch Briefkästen, aber immerhin eine Posthalterei. Hier stiegen die preußischen Postreiter kurz vom Pferderücken, um sich die Beine zu vertreten und die schweren Vierspänner der Strecken Tecklenburg-Lingen oder Versmold-Warendorf machten Halt, um ihre Zugtiere zu füttern oder zu wechseln.
Vor der Eisenbahnzeit, die in Halle 1886 begann, wurden nicht nur Geschäfts- und Liebesbriefe, Stückgut und Geld mit den gelben Postkutschen befördert, sondern – „Hoch auf dem gelben Wagen“ – auch Reisende. Es gab einen genauen Fahrplan, so dass jeder sehen konnte, wann „die Post abgeht“.
An den Posthaltereien war immer etwas los. Gepäck und Briefsäcke wurden je nach Bestimmungsort ein-, aus- und umgeladen.[2] Die Reisenden hatten Gelegenheit, die steifen Glieder zu recken und sich mit einem Schluck Altbier für die Weiterfahrt zu stärken. [1] Einen Gasthof zur Post, gab es fast an jeder Posthalterei, auch in Halle.
Bis etwa 1800 befand sich die Posthalterei im Gasthaus Groppe an der Ecke Lange Straße, Rosenstraße (der heutige Familie-Isenberg-Platz), das später als Volksschule diente. Aufnahme- und Abholstelle war die Wohnung des königlichen Postexpediteurs.[2]
Mit Bewunderung muss festgestellt werden, welch weite Wege die Haller Postboten bewältigten. Bis 1881 waren Hörste und Barrelheide, bis 1888 Tatenhausen und Bokel noch ihre Zustellbezirke. So musste der Bote oft täglich bis zu 35 Kilometer gehen.[2]
„Ankomme in H. um…“
Schon 1867 wurde Halle mit Bielefeld telegraphisch verbunden. Die Morseapparate tickten im Kriegsjahr 1870 die Meldungen von den Kriegsschauplätzen. Am 18. Januar 1871 verkündeten sie die Vereinigung der deutschen Stämme unter einem Kaiser. 1873 wurde die Verbindung mit Versmold geschaffen und erst 1894 wurde Halle auch mit Osnabrück verbunden.[2]
Mit der Umwandlung der „Postexpedition Zweiter Klasse“ in ein „Postamt II“ im Jahr 1865 waren die Postverwalter hauptamtlich angestellt und als Assistenten oder Postmeister tätig. In gemieteten Räumen wanderte das Postamt von der Langen Straße 47 über die Häuser 57 (bis 1873), 35 (bis 1878) und 33 (der Gastwirt Wiegand hatte 1878 ein Gebäude für die Post errichtet und für 20 Jahre vermietet. Deshalb dauerte es so lange, bis sie ein Haus in Bahnnähe bekam.[7]) Im Jahre 1899 konnte Postmeister Adolf Meise aus den engen Mietstuben in die weiten Räume des neuen Postgebäudes in der Bahnhofstraße 34 einziehen. [2]
Bauherr und Eigentümer war der renommierte Salzufler Architekt Fritz Seiff. Erst 1926 hat die Reichspost das Haus gekauft.[3] Das Gebäude ist in typischer Weise für damalige Ämter ausgeführt und liegt deutlich über dem Standard der historischen Postämter in der Region. Es ist ortsgeschichtlich bedeutend als erstes eigenes für diesen Zweck errichtetes Gebäude in Halle. Seine Baugeschichte – vom Privatmann für die öffentliche Hand als Mietobjekt errichtet, erst 1926 in den Besitz der Post gekommen – ist zudem von sozialgeschichtlichem Interesse.[4]
Das Generalpostamt Berlin lieferte höchstpersönlich die Baupläne für das Haller Postamt. Der damals übliche turmartige Dachaufbau diente der Bündelung der zusammenlaufenden Telegraphendrähte. Im Jahre 1901 wurde die erste Stadtfernsprechanlage für 20 interessierte Teilnehmer installiert.[5] Nun fragte das „Fräulein vom Amt“, das per Hand die Telefonverbindungen steckte, auch die Haller Teilnehmer „Hier Amt, was beliebt?“.
„Mit dem Telefonnetz war, neben dem Ausbau des Straßenverkehrs, eine weitere wichtige Voraussetzung für eine ungehinderte wirtschaftliche Entwicklung gegeben.“, schrieb die Stadt Halle (Westf.) im Jahr 1969 mit einigem Stolz.[6]
Andreas Germann 2017
[1] Eduard Meyer zu Hoberge (Hg.), Halle gestern und heute, Harsewinkel 1979.
[2] Heinrich Meise, Die Stadt Halle in Westfalen, Halle/Westfalen 1968.
[3] 100 Jahre Haller Kreisblatt (Hg.), Unsere Heimat im Spiegel der Geschichte, Halle/Westfalen 1982.
[4] Denkmalliste der Stadt Halle (Westf.), lfd. Nr. 30, Schreiben Regierungspräsident Detmold vom 28.01.1987.
[5] Detlef Krön/Günther Prätor: Stadtbilder aus Halle Westfalen, Leipzig 1995.
[6] Stadt Halle in Westfalen (Hg.), 250 Jahre Stadtrechte – 1719 – 1969, Halle/Westfalen 1969.
[7] Jörg Buck, Ergänzungen zur Haller Postgeschichte, Typoskript 2012 & Leihgabe aller Abbildungen.