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AusstellungZeitRaum 4 Erster Weltkrieg & Weimarer RepublikThemenwand Krieg! Abtransport Kirchenglocken

Abtransport Kirchenglocken

Foto | 11. August 1917
Leihgabe des Stadtarchivs Halle (Westf.)

Zum letzten Mal läuteten die vier Glocken der evangelischen Kirche am Sonntag, den 5. August 1917 gemeinsam. Auf der Kanzel hielt Pastor Nase eine flammende Predigt gegen den „ungeheuerlichen Weltkrieg“. Doch es half nichts: Zwei der ehrwürdigen Glocken mussten nun in den Krieg ziehen. Sie endeten in den Waffenschmieden, wie so viele ihrer Schwestern. Am 11. August wurden die schweren Bronzeglocken ausgebaut und vom Turm gestürzt – beide kamen heil auf dem Kirchplatz an. Mit frischem Grün bekränzt, wie bei einem Auszug von Soldaten, geleiteten die Haller sie zur Eisenbahn.

Nach Kriegsende, im Jahr 1921, erhielt die evangelische Gemeinde drei neue Kirchenglocken aus Stahl als Ersatz. Mit einem Klick auf das Lautsprecher-Symbol (rechts) können Sie deren Klang hören.

Was das Haller Kreisblatt 1917 berichtete, erfahren Sie unter…

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Details und Hintergründe

Glocken als Kriegsopfer

Zum Letzten Mal läuteten zwei der vier Glocken der ev. St. Johanniskirche am Sonntag, dem 5. August 1917 – sie mussten wie viele ihrer Schwestern in den Krieg ziehen. „Glaube“ und „Liebe“ wurden eingeschmolzen zu Waffen und Munition.

Pastor Nase feierte mir der Gemeinde einen „Abschiedsgottesdienst“. In seiner Predigt hielt er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, sondern empörte sich über die geforderte Metallablieferung: „Selbst im Dreißigjährigen Krieg haben wohl die Feinde die Glocken von den Türmen heruntergeholt oder die Kirchen eingeäschert, daß die Glocken in die Glut heruntertrümmerten. Aber eine solche Abnahme von Glocken, wie wir sie jetzt erleben, die ist doch erst diesem ungeheuerlichen Weltkrieg vorbehalten geblieben. Verwunderlich ist das ja nicht, wo Deutschland, vom Weltmarkt fast abgeschlossen, im wesentlichen auf seine eigenen Munitions-Rohstoffe beschränkt ist. Verwunderlich ist nur, daß die Brau- und Brennkessel und andere gewerbliche Einrichtungen und namentlich so viele [Bronze-]Denkmäler ohne besonderen Kunstwert noch sorgsamer geschont werden als die ehrwürdigen Kirchenglocken!“

Schon im April 1917 hatte Pastor Nase Bescheid gewusst und wenigstens die Inschriften der Glocken schwarz auf weiß notiert. Am Sonnabend, dem 11. August, war es dann so weit: Die beiden jüngeren Glocken sollten ausgebaut werden. Die älteren – gegossen in den Jahren 1682 und 1732 – konnten bleiben und weiter ihren Dienst verrichten.

Ursprünglich war vorgesehen, die Glocken im Turm zu zerschlagen, um sie dann in Teilen nach unten zu stürzen. Aber der Kirchendiener (Küster) Tischlermeister Vollmer, schlug vor, sie als Ganze aus dem Turm zu werfen, was dann auch so erfolgte. Beide Bronzeglocken, mit einem Gewicht von 20 und 35 Zentnern, kamen heil auf dem Kirchplatz an, wo man ein Bett aus Reisig vorbereitet hatte, um deren Aufprall zu dämpfen.

Sie wurden daraufhin auf einen Wagen geladen und mit frischem Grün bekränzt. Am Sonntag darauf nahm die Gemeinde feierlich Abschied. Pastor Rathert verglich den Auszug der Glocken mit dem Auszug der Soldaten ins Feld.

Im Jahr 1921 erhielt die Kirche Ersatz durch drei Stahlglocken, deren Namen und Geschichte Sie hier lesen können: Die neuen Kirchenglocken.

Martin Wiegand

Die beiden größten Bronzeglocken stehen auf dem Kirchplatz,bereit zur Ablieferung. Auf dem Wagen sitzen der Kirchendiener Vollmer sowie seine Lehrlinge Wibbing und Kreh. Foto: Haller ZeitRäume.

Quelle: Haller Kreisblatt-Archiv.

Predigt Pastor Nase zitiert nach: Julius Baumann, Der Kirchenkreis Halle, Halle (Westf.) 1983, S. 45.