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Neue Kirchenglocken

Stahl | 1921
Ev. Kirchengemeinde Halle

Es war ein feierlicher Augenblick, als die neuen Kirchenglocken am Sonntag, den 7. August 1921 zum ersten Mal über Halle erschallten.  Warm und voll war der Ton der neuen Stahlglocken namens „Liebe“, „Glaube“ und „Hoffnung“ – und ist es bis heute. Das Foto zeigt den Glockenstuhl im Kirchturm. Schon 1922 musste der Küster nicht mehr von Hand läuten, die Glocken wurden „elektrifiziert“.

Warum die Kirche überhaupt neue Glocken bekam, woher die Glocken ihre Namen haben und was ihr Läuten bedeutet, erfahren Sie unter…

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Details und Hintergründe

100 Jahre Glaube, Liebe, Hoffnung.

Die Glocken der St. Johanniskirche feiern Geburtstag

von Wolfgang Kosubek (Text & Fotos) und Martin Wiegand (Recherche)

Im Jahr 1921 – also vor rund einhundert Jahren – zogen drei neue Glocken in das alte Turmgemäuer der Johanniskirche ein. Bis dahin hatten die Haller vier Jahre lang mit der historischen „Brand-“ oder „Bürgerglocke“ von 1682 auskommen müssen. Diese erhebt ihre Stimme auch heute noch an jedem Tag, für jeweils drei Minuten: kurz nach 7, kurz nach 12 und kurz nach 18 Uhr.

Doch wieso kaufte die Kirchengemeinde unter Pastor Georg Rathert vor 100 Jahren neue Glocken? Der Grund: zwei der drei alten Bronzeglocken mussten im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben werden. Aus den Glocken sollte Munition entstehen.
Das war 1917, im dritten Kriegsjahr. Am 11. August hatten sich zahlreiche Menschen auf dem Kirchplatz eingefunden, um Abschied zu nehmen. Oben in der Turmwand klaffte ein großes Loch und zeigte den Weg, über den die beiden Bronzeglocken von 1849 ihr Zuhause verlassen sollten.
Neben dem Turm hatte man Reisig aufgeschichtet, um den Aufschlag der Glocken abzumildern. Denn man hoffte natürlich, sie würden den Abwurf – die Fallhöhe betrug etwa 27 Meter – einigermaßen überstehen. Und das Wunder geschah – sie blieben heil. Als die Glocken nun aber blumengeschmückt auf einem Pferdefuhrwerk zum Bahnhof rollten, floss manche Träne.

Vier Jahre später wurden am Haller Bahnhof erneut Kirchenglocken verladen. Das neue Geläut war eingetroffen: Drei von der Stahlgießerei Bochumer Verein hergestellte Ersatzglocken mit den Namen „Liebe“, „Hoffnung“, „Glaube“.
Am 7. August 1921 vollzog Pastor Rathert die Einweihung der Glocken. Fast auf den Tag vier Jahre nach dem Verlust ihrer Vorgänger. Der Pastor predigte zum „Hohelied der Liebe“ (1. Korinther 13, 13), da heißt es: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung Liebe, diese drei. Doch die Liebe ist die größte unter ihnen.“  – und so ist es auch mit den Glocken in Halle. Die Größte unter ihnen ist die „Liebe“.

Schon 1922 erfolgte die Elektrifizierung des gesamten Läutewerks. Hören kann man es an hohen christlichen Festtagen und jederzeit hier im Museum Haller ZeitRäume… (Lautsprechersymbol unter dem Foto)

Ein Blick in den Glockenstuhl der Johanniskirche: links die mehr als 300 Jahre alte Bronzeglocke, hinten und rechts die drei Stahlgocken. Foto: W. Kosubek.

Steckbrief der „neuen“ Glocken

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden drei neue Stahlglocken mit folgenden Steckbriefen bestellt:
Die größte Glocke Liebe mit 1,77 m Durchmesser, einem Gewicht von 2302 kg und dem Ton h (Buß- und Betglocke),
die nächstgrößere Glaube mit einem Durchmesser von 1,49 m und dem Gewicht von 1420 kg und dem Ton d, (Freudenglocke),
die kleinste Hoffnung mit einem Durchmesser von 1,39 m, einem Gewicht von 1149 kg und dem Ton e (Kinderglocke).

Alle drei Glocken tragen oben die Inschrift: „Geg. vom Bochumer Verein in Bochum 1921“. Unten ist die Inschrift „Ersatzglocke für die im Weltkriege 1917 abgegebenen Bronzeglocken“ angebracht.

 

Wann läuten die Glocken? Was bedeutet ihr Läuten?

Die Küsterin Alexandra Stroh erklärt:
Die alte Bronzeglocke von 1682 schlägt um 7.00 Uhr, 12.00 Uhr und um 18.00 Uhr, immer für drei Minuten. Dieses läuten soll die Christen zum Beten ermutigen: Morgengebet, Mittags Gebet um Frieden, Abendgebet
Die Glocke mit dem Namen Liebe kommt beim „Kleppen“ zum Einsatz: Wenn die Gemeinde im Gottesdienst das Vaterunser betet, wird die Glocke an bestimmten Textstellen per Hammerschlag geläutet. An der Melodie ist für Aussenstehende zu erkennen, dass gerade im Gottesdienst das Vaterunser gebetet wird und gegebenenfalls mitgebetet werden kann.
Des Weiteren läutet diese Glocke an hohen Feiertagen zusammen mit den anderen drei Glocken: alle Weihnachtsgottesdienste, Ostersonntag, Christi Himmelfahrt, Trinitatis.
Die Glocke Hoffnung schlägt die Viertelstunden.
Die Glocke Glaube schlägt die Stunde.

24. November 2021

Die Bronzeglocke von 1682 im Kirchturm zu Halle in Westfalen. Sie trägt die Namen derjenigen, die sich um die Anschaffung der Kichenglocke verdient gemacht haben.Foto: Wolfgang Kosubek.

Inschrift der Bronzeglocke von 1682 im Turm der St. Johanniskirche zu Halle Westfalen.

Hinweis: V=U

BVRGER
GLOKKE

CONSENSV GENEROSISSIMI DOMINI SATRAPAE CLAMORIS DE LEDE BAVR

FRIED : WILH : POT QVAEST :

PHILIP : HENR : MEYER ET JOH : CONRAD DREKMAN PASTORES :

JOH : WILH : SCHVLZE SECRET :

JOH : CASP : PFLEGESHORN VOGT JOH : HENR : EVERING CONSVL ET PROVISOR

GEGOSSEN – VON . M . JOH . FRICKE . AO 1 . 6 . 82 .

 

Am obigen Rand der Glocke sowie unter den drei Schriftbändern befinden sich zwei umlaufende Reliefs mit kunstvoll verwobenen Ornamenten aus Gesichtern, Früchten, Blumen und Ranken.

Es ist zu vermuten, dass die genannten Personen sich um die Anschaffung der Glocke verdient gemacht haben.

Clamor von Ledebur (1627-1690), Drost des Amtes Ravensberg
Friedrich Wilhelm Pott (1647-1695), Rentmeister des Amtes Ravensberg
Philip Henrich Meyer (1620-1689), Pastor

Johann Conrad Drekmann (1643-1694), Pastor
Johann Wilheln Schul[t]ze (1632-1719), Amtsschreiber
Johann Caspar Pflegeshorn (1646-1723), Vogt
Johann Henrich Evering (1644-1719), Ratsherr und Kirchenprovisor

Johan Fricke (1640-1708), Glockengießer