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ZeitRaum 7 Aufklärung & RomantikThemenwand Leben in Halle Kohle in Sandstein

Kohle in Sandstein

Es war ein großartiger Festakt, mit dem im Jahr 1800 der Haller Steinkohlebergbau wieder auflebte: Ein Musikcorps zog durch die Stadt, die Bürger folgten zum ersten Spatenstich des „Louise-Friederike-Schachtes“. Mit diesem Unternehmen beabsichtigte Kaufmann C. F. Hagedorn, dem Brennstoffmangel und Holzdiebstahl in Halle abzuhelfen. Doch die Haller Flöze waren nur etwa 20 cm mächtig, die Ausbeute enttäuschend und längst nicht ausreichend für den Kohlehunger der ab 1840 aufkommenden Dampfmaschinen.

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Details und Hintergründe

Vom Bergbau bei Halle in Westfalen

Wo schlummern die Bodenschätze?

„Ohne Hazard [1] ist kein einziges Bergwerk in der Welt angefangen.“ Das teilte Bergmeister Voigtel 1711 seinem König Friedrich I. mit, als sich bei der von ihm befohlenen Suche nach neuen Bodenschätzen der Erfolg nicht so rasch einstellte, wie der prunksüchtige und deshalb immer klamme Staatschef erwartet hatte.

Auch für Ascheloh und Eggeberg galt das. Die immer wieder aufflammenden Bemühungen dort Steinkohle zu finden, lebten auch hierzulande vom Geld und der Hoffnung der Bergwerksgesellschafter (Gewerker). Denn vor der Gewinnung musste das schwarze Gold ja zunächst gefunden werden; es musste qualitativ geeignet und – hinsichtlich Aufwand und Ertrag – abbauwürdig sein. Das erforderte oft erhebliche Vorleistungen und viel Geduld.

Um es vorweg zu nehmen: In Halle wurde man mit Steinkohle eher arm als reich. Veranlassung, im Erdboden zu buddeln, gaben regelmäßig Kriegs- und Notzeiten und daraus folgend steigende Holzpreise und Holzdiebstähle. Im Focus der Bergämter und ihrer Fachleute lag dann stets auch die Berglandschaft des Teutoburger Waldes. Auf Haller Gebiet war dies der Ascheloher Berghagen um die Besitzungen Düfelsiek, Bartling und Willmanns herum, und gegenüber der Hof Schneiker (damals Schnäker) in Eggeberg.

 

Auf gut Glück!

Bevor das Aufspüren und Fördern von Steinkohle um 1840 bergmännisch vor sich ging, hatten an gleicher Stelle schon im 16. Jahrhundert Menschen ohne alle Kenntnis nach Erz und Kohle gegraben und in senkrechten Schächten gewonnen, bis Erd- oder Wassereinbrüche oft das Ende bedeuteten. Nachrichten aus dieser Zeit gibt es kaum, Spuren aber waren Mitte des 18. Jahrhunderts noch zahlreich zu finden. Darüber berichtet im Jahre 1742 Bergmeister Rilcke von der „Freie MindenRavensbergische Gewerkschaft“. Er spricht von Raubbau und Raubstollen und von 30 „wassernötigen Pingen“[2] , die „von den Alten“ ausgebeutet worden seien.

 

„Die Kohlen geben einen schönen Geruch“ um 1750

1753 heißt es: „Im Bergwerk Schneiker arbeiten 1 Steiger, 8 Bergleute, 1 Grubenjunge. Ausbeute: 2023 Balgen Kohle (= ca. 22 m3). Die Kohlen geben gute Hitze und einen schönen Geruch.“ Bis zu 15 Männer unterschiedlicher Stellung waren damals im Einsatz.

Im Juni 1791 verfügte das Bergamt gegen den Protest der Bevölkerung mit Bürgermeister Willmanns an der Spitze das Aus für den Berghagen. Auf Eggeberger Seite machte Schneiker seine Zustimmung zum Weiterbetrieb abhängig von einem neuen Brunnen unterhalb der Stollensohle – und bekam den Brunnen. Dies teilt Gustav Griese in seiner Broschüre „Der Bergbau in Ravensberg“[3] mit und lässt seine Leser wissen, wie es nach einer neunjährigen Schürf- und Informationspause dann weiterging…

Winzige Einschlüsse von Kohle in Sandstein gefunden im März 1973 von Martin Wiegand am Berg Knüll in Halle Westfalen.

Die Zeche-Louise-Friederike um 1800

Um 1800 war Brennmaterial wieder knapp und teuer, und wieder schoben Holzdiebe die Suche nach dem schwarzen Gold an. Jetzt nahm Clamor Friedrich Hagedorn (1770-1811), der Besitzer der Parkanlage am  Bergkamp, den Bergbau in die Hand. Die herrliche Geschichte über Hagedorns Absicht, die Haller Steinkohlenförderung aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken, stand zu jener Zeit in den „Wöchentliche Mindensche Anzeigen“. Darin werden die Feierlichkeiten zur Wiederbelebung des alten Bergwerks bei Schneiker geschildert, die am 5.November 1800, um 12 Uhr, mit dem ersten Spatenstich an der Stelle begann, an der anschließend der neue „Louise-Friederike-Schacht“ abgeteuft, also eingegraben werden sollte.

Die Knappen des hierzulande führenden Dornberger Bergwerks waren in ihrer schmucken Bergmannskluft unter der Leitung des Oberschichtmeisters Schröder nach Halle zum Hause Nr 90 (heute Kirchplatz 5) gekommen, um Clamor Friedrich Hagedorn und dessen Gattin Louise Friederike ihre Aufwartung zu machen. Sie marschierten hinter dem Musikcorps aus Bielefeld bald weiter nach Eggeberg, wo in Anwesenheit hunderter Haller Bürger und Honoratioren der Festakt stattfand.

Pastor Moritz Schwager schreibt dazu in seinem Reisebericht von 1801 „Über Halle, ein lachendes Städtchen in der Grafschaft Ravensberg“[4] , das neue Bergwerk liefere bereits eine gute Ausbeute besserer Kohlen, als die in Dornberg und mehr, als man verkaufen könne. Und er lobt den Haller Schmied und Schlosser Cosfeld, weil dieser als „erfinderischer Kopf“ eine Anlage zur Entfernung verdorbener Grubenluft konstruiert habe.

Ab 1804 hieß die Kohlengrube einfach „Zeche Halle“. Es wurde aber ruhig um die Kohlenminen, nachdem die im Schacht vorgefundenen drei Flöze mit nur 13 bis 31 Zentimeter Mächtigkeit und ungünstigem Verlauf im Gebirge den Abbau kaum lohnten.

 

Von Steinkohle und „Narrengold“ um 1850

Mit dem Ausbau der alten Zeche „Im Sack“ und Gründung der Zeche „Vereinigte Arminius“ 1841, deren Stolleneingänge dicht beieinander lagen, fing die eigentliche Zeit der Kohlegewinnung in Ascheloh an. Beide Eingänge befanden sich nahe der Trafostation am Abzweig der Straße Berghagen von der Nordstraße, genau dort, wo noch heute Stollenwasser austritt.

Es gab nun regelmäßige Betriebsberichte über bergmännische Investitionen, über die Suche und das Auffinden von Kohleflözen, über Fördermengen, Verkaufszahlen und Erlöse, sowie über den jeweiligen Personalstand. Laut Bericht vom 28. Juli 1842 wurden von 40 Scheffeln gewonnener Kohle 33 Scheffel für je sechs Silbergroschen eiligst verkauft, weil der Rest bereits gestohlen war und Bewachung teurer als die Kohle gewesen wäre.

Längst war der Bergbau streng geregelt. Die Haller Grabungsstätten fielen in die Zuständigkeit des Königlich Preußischen Bergamts Ibbenbüren. Dorthin schickte Steiger Schacke seine Aufzeichnungen. Er führte häufig Klage über die Unergiebigkeit der Kohlevorkommen. Laut Bericht vom 6. Januar 1847 lag die Zeche „Arminius“ im 3. und 4. Quartal 1846 sogar still. Das blieb auch die ersten drei Quartale 1847 so, weil, wie der Ibbenbürener „Berggeschworene“ Lind feststellte, die Flöze ungünstig lagen. Mit 1 Steiger, 7 Hauern und 6 Haspelziehern ging der Abbau dann aber weiter und erbrachte im 4. Quartal 1847 517 Scheffel Steinkohle zu 55 l = ca. 28,5 t. Das 1. Quartal 1848 hatte ein Förderergebnis von 77 t, 48 t konnten verkauft werden. Die Anteilseigner mussten dennoch 233 Reichstaler zuschießen, um – immer nach dem Prinzip Hoffnung – den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Am 15. April 1858 kam es zur Gründung der „Gewerkschaftliche Steinkohlenzeche Arminius und Sack“. Inzwischen wurde neben Kohle auch Schwefelkies (Pyrit) geschürft, der in Kohle eingebettet vorkam: ein gelbliches Mineral, das wegen seines Aussehens und seiner Farbe auch als „Narrengold“ bekannt war.

Flugs wurde der Betrieb nun umbenannt in „Steinkohlen und Schwefelkies Zeche vereinigte Arminius“. Doch wieder erloschen die bergmännischen Aktivitäten bald mangels befriedigender Ausbeute. Auch sorgten Wassereinbrüche angesichts der Tallage des Ascheloher Bergwerks ständig für Verdruss auf allen Seiten. So erklagte 1860 Colon[5] Düfelsiek einen neuen Brunnen, weil er „trockengelegt“ worden war und der für Mensch und Vieh benötigte kostbarste aller Bodenschätze, das Trinkwasser, aus der Nachbarschaft herangekarrt werden musste.

Nicht mehr als ein Zwischenspiel war offensichtlich ein Treffen von Fachleuten im Dezember 1859 in Halle, in dessen Auftrag das Königlich Preußische Bergamt Bochum die Abbauwürdigkeit der bis 60 Zentimeter starken Steinkohlenflöze „Dornberg“ und „Bernhard“ auf Schneikerschem Grund bestätigte. Seitdem fehlen allerdings jegliche Hinweise.

Sonderausstellung Haller Persönlichkeiten, Portrait Friederike Louise Hagedorn

Die Namensgeberin der Zeche - Friederike Louise Hadedorn. Leihgabe der Delius-Stiftung.

Kohlemangel um 1923

Der Eggeberger Colon und Gemeinde-Vorsteher Ellerbrake beantragte am 2. November 1921 beim Bergamt Hamm die Wiederaufnahme des Zechenbetriebes „Arminius“, in Eigenleistung sozusagen. Er begründete dies mit einem gültigen Pachtvertrag. Trotz barscher behördlicher Ablehnungen wegen des Fehlens jeglicher fachlicher Voraussetzungen verfocht Ellerbrake sein Ziel hartnäckig und handelte sich dafür am Ende eine Strafverfügung ein – drei Jahre nach dem Antrag.

Schließlich ein letzter Versuch. Im Dreieck zwischen heutiger Theenhausener- und Nord-Straße errichtete die jetzt zuständige Bergwerksgesellschaft „Steinkohlenbergwerk Borgloh AG, Wellendorf, Zweigniederlassung in Eggeberg b. Halle i.W.“  – es herrschte Kohleknappheit wegen der Besetzung des Ruhrgebiets im Januar 1923 – eine Zechenanlage mit allem, was dazugehört. Die Reste bezeugen heute recht anschaulich den Bergbau in Halle.

Gut erhalten und jederzeit zu besichtigen ist das Mundloch des „Katharinenstollens“. In großen Lettern steht der Name über dem gemauerten Zugang, darunter das übliche „Glück auf“ und zwei gekreuzte Hämmer. Ein mächtiges Gitter steht dem Forscherdrang von Neugierigen entgegen, lässt Fledermäuse aber jederzeit herein und Grubenwasser heraus. 900 Meter stießen die Hauer damals in nordwestlicher Richtung in den 312 m hohen Eggeberg vor.

Doch auch diesmal gab es bald Probleme. Die Abwässer aus dem Sanitärbereich der Zeche wurden nämlich einfach in den vorbeifließenden Laibach geleitet. Das empörte natürlich die Frauen, die weiter unten im Waschhaus an dem sonst quellklaren Bach ihre Wäsche zu spülen pflegten. Zwar sorgte die Bergwerksgesellschaft für Abhilfe, doch das Kohlevorkommen blieb einfach zu gering, um die Zeche erfolgreich betreiben zu können.

Am 7. April 1925 war endgültig Schluss. Einen neuen Versuch hat seitdem niemand mehr gewagt. Was nicht bedeuten muss, dass im Haller Abschnitt des Teutoburger Waldes nicht doch noch Bodenschätze schlummern…

Wolfgang Kosubek, 22. Juli 2011

 

Mundloch des Katharinenstollens bei Halle Westfalen. Foto: Wolfgang Kosubek.

[1] Hazard: Glück

[2] Wassernötige Pingen: Beim Tagebau entstandene Mulden, die mit Grundwasser vollgelaufen waren.

[3] Gustav Griese: Der Bergbau in Ravensberg – Beiträge zur Geschichte des Berg-, Hütten- und Salinenwesens in der Grafschaft Ravensberg und im Fürstentum Minden, in: 57. Jahrbuch des Historischen Vereins der Grafschaft Ravensberg (JHVGR), Bielefeld 1954, S. 1 – 62.

[4] Johann Moritz Schwager: Halle, ein lachendes Städtchen in der Grafschaft Ravensberg, Westfälischer Anzeiger 1801.

[5] Colon: Landwirt

 

Weitere Quellen:

Hans-Joachim Sternberg: „Alte Bergwerke bei Borgholzhausen und Halle in Westfalen“, 2008 (bisher unveröffentlicht).