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Höhere Privatschule

Foto auf Karton | 1896
Leihgabe von Inge Stoppenbrink

Um Haller Kinder auf das Gymnasium in Bielefeld vorzubereiten, wurde die Höhere Privatschule 1896 von den Kaufleuten Brune und Kisker gegeründet. Mit dem schnauzbärtigen Christian Frederking holten sie einen strengen und tatendurstigen Rektor nach Halle. Die Stadt Halle war davon nicht begeistert, stand die Schule doch in Konkurrenz zur städtischen „Selekta“, die denselben Bildungsauftrag verfolgte. Vielleicht wurde die großzügige Stiftung von August Graebe deswegen etwas zögerlich angenommen? Mehr über die großherzige Familie Graebe erfahren Sie unter…

… alle Details und Hintergründe

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Details und Hintergründe

Die Geschwister Graebe

Förderer der Höheren Privatschule und des Krankenhauses in Halle/Westfalen

Wie Graebe- und Winnebrockstraße zu ihren Namen kamen
Im Stadtarchiv ist in der Akte C 668 ein Brief zu finden, den August Graebe am 30. Januar 1906 an den Haller Amtmann Schwollmann geschrieben hat. Darin erklärt Graebe, dass er 40.000 Mark für eine Stiftung bereitstellen will, die „zum Besten der Höheren Privatschule“ verwendet werden soll.
Ende desselben Jahres, am 12. Dezember 1906, wird im Haller Kreisblatt über die Namensgebung der „Graebestraße“ berichtet. Gleichzeitig beschlossen die Stadtverordneten damals die Bezeichnung der Straße am Krankenhaus als „Winnebrock-Straße’“ – das Ehepaar Winnebrock hatte dem Krankenhaus 1901 etwa 94.000 Mark vererbt – und legte für eine noch zu bauende Straße den Namen „Bismarck-Straße“ bereits fest.

Das Haller Krankenhaus 1938. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.)

Historische Detektivarbeit – Wer waren die Geschwister Graebe?

Mit Hilfe des Bielefelder Stadtarchivs, von Todesanzeigen und eigenen Recherchen konnte einiges über die Familie Graebe in Erfahrung gebracht werden.
Die Verbindung zu Halle hat ihren Ursprung in der Heirat der hier am 22. Februar 1804 geborenen Anna Charlotte Francisca Degener († 25.November 1874 in Halle, s. Alter Friedhof/Friedhof I, Grabstätte Böckmann) und dem Steuerkontrolleur Bernhard Heinrich Graebe.
Ihr Wohnort scheint Soest gewesen zu sein, denn von den Kindern Friederike (*1830), August (*1832), Ernst (*1834) und Mathilde (*1839) sind nachweislich August und Ernst hier geboren worden. Vom Stadtarchiv Bielefeld wird ferner beauskunftet, die Eheleute seien „zuletzt wohnhaft in Bochum und Halle“ gewesen.
Nach 1834 muss die Familie nach Bielefeld umgezogen sein, die Existenz der beiden Söhne dort ist belegt. Ernst war Teilhaber der örtlichen Firmen Gassel, Reckmann & Co. und der Tafelglashütte Westfalia, August betrieb in der Leineweberstadt ein Tabak- und Zigarettengeschäft. Er wird in späteren Haller Schriften als ‚Kaufmann‘ oder ‚Rentner‘ bezeichnet, der in Halle gelebt habe. Wann und wo, das war bisher nicht zu klären. Im Adressbuch von 1901, dem ältesten, ist der Name nicht (mehr) enthalten. Und da die Brüder ledig blieben, haben sie keine weiteren Spuren hinterlassen. In Bielefeld war nur noch zu erfahren, dass Ernst dort am 21. Juli 1903 verstorben ist und sein Bruder August ebenfalls: Am 18. Mai 1906 erschoss er sich.
Die Graebestraße soll an Ernst erinnern, weil er im Jahr seines Todes dem Haller Krankenhaus 5.000 Mark stiftete.
Wenn August in seinem anfangs erwähnten Brief die Bereitstellung der 40.000 Mark damit begründet, er wolle seinem Bruder und sich selbst „in unserer zweiten Vaterstadt“ ein dauerndes Andenken sichern, so ist zu vermuten, dass der vorher verstorbene Ernst Graebe zu der großherzigen Spende beitrug. Bielefeld widmete Letzterem übrigens die Ernst-Graebe-Straße.

Sonderausstellung Haller Persönlichkeiten, Geschwister Graebe

Blick in die neu angelegte Graebestraße um 1909. Stadtarchiv Halle (Westf.)

Die Stadt Halle dankt – posthum

Man sollte meinen, die Haller hätten sich für das Geld bei August Graebe spontan bedankt, mit dem Versprechen, man werde die 40.000 Mark in seinem Sinne verwenden.
Das taten sie aber erst zwei Monate vor dem tragischen Ende des ‚Rentners‘ Graebe. Mit Schreiben vom 1. März 1906 erkundigte sich der Amtmann und Stadtvorsteher Schwollmann beim Magistrat in Bielefeld zunächst nach Graebes Vermögensverhältnissen. Traute er der wohltätigen Absicht nicht? Schwollmanns handschriftliche Anfrage beantworteten die Bielefelder auf der Rückseite des Briefes, ebenfalls per Handschrift, kurz und erschöpfend damit, dass der Gemeinte jährlich 18.500 bis 19.500 Mark Einkommen versteuere, was zuletzt 570 Mark (etwa 3 Prozent) ausgemacht habe. Sein Vermögen betrage zwischen 460.000 und 480.000 Mark, wofür aktuell 420 Mark Ergänzungsabgabe erhoben worden seien. Das beruhigte, und nun wurde auch das Dankschreiben auf den Weg gebracht.

Todesanzeige Fabrikant Ernst Graebe 1903, Quelle: Haller Kreisblatt.

Volkskrankheit Tuberkulose – Mathilde-Graebe-Stiftung hilft Kindern

Während also die ehelosen Graebe-Söhne als Bielefelder gelten, verschlug es die Schwestern nach Halle, in die Heimatstadt der Mutter. Friederike hieß nach ihrer Hochzeit Tepel und wohnte in der Wertherstraße 9 (Janicke, neben Schröder). Mathilde wurde die Ehefrau von Ferdinand Böckmann (*20. November 1825, †29. Juni 1895 in Halle), der von 1873 bis zu seinem Tode Rendant der Kreissparkasse war und in der Bahnhofstraße 27 sein Zuhause hatte. 15 Jahre nach ihrem Mann starb Mathilde am 21. August 1910 in Bad Oeynhausen. Auf dem Alten Friedhof (Friedhof I) findet man ihren Grabstein. Die Liebe zu Halle teilte Mathilde offenbar mit ihren Brüdern. Ihr 1880 geborener Sohn Ernst Böckmann schrieb nämlich ebenfalls einen Brief an die Stadt (Akte C 670). Das war am 21.August 1911, auf den Tag genau ein Jahr nach dem Tode seiner Mutter und offenbar in ihrem Auftrag. In dem Brief schlug er die Gründung der „Mathilde-Graebe-Stiftung“ vor und stellte dafür 4.000 Mark bereit. Die Stiftung sollte skrofulösen, tuberkulösen und aus armen Elternhäusern stammenden Kindern eine Genesungskur ermöglichen. Das Geld wurde zu 3,5 Prozent angelegt. Auf den heutigen Wert der Summe – ca.20.000 € – bezogen, wären jährlich ca. 700 € Zinsen erwirtschaftet worden. In den Folgejahren konnte die Stiftung tatsächlich vielen Kindern Aufenthalte in Kurheimen sichern.

Wolfgang Kosubek
16. November 2012

Kuraufenthalt für Kinder in Rothenfelde. Foto: Archiv Bad Rothenfelde.

Quellen:

Stadtarchiv Halle (Westf.) Akte C 668

Stadtarchiv Bielefeld (Anfrage)

Haller Kreisblatt der Jahrgänge 1903-1909.