In rasendem Tempo werden die letzten Meldungen gesetzt, gedruckt und schon sausen die Zeitungsboten los – die Leser warten auf ihr druckfrisches Haller Kreisblatt…! Der 50. Geburtstag des Haller Kreisblatts im Sommer 1932 wurde groß aufgezogen, und der Höhepunkt war — ein Film.
In atemberaubender Schnittfolge zeigt der Stummfilm die Entstehung der „beliebten Heimatzeitung“: Redaktion und Druckerei in der Haller Rosenstraße, der Chefredakteur unter Hochdruck, der Setzer an seiner Linotype, die Druckmaschine wirft ein „HK“ nach dem anderen aus. Und schließlich bekommt „Vadder“ seine Zeitung…
Dieser Film ist eine Profiarbeit und ein Zeitdokument. Und wer genau hinschaut, wird bekannte Orte und interessante Details entdecken…
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Der Film erklärt die Entstehung der Zeitung und verbindet dies elegant mit einer Betriebsführung. Eingeblendete Zwischentexte erläutern die bewegten Bilder des Stummfilms.
Heute würde man diesen Blick hinter die Kulissen einen Imagefilm nennen: Er stellt hohes Tempo, moderne Technik und Zuverlässigkeit als Qualitäten der Zeitung heraus – alles im Dienste des Lesers, der jeden Morgen seine Zeitung erwartet, so wie „Vadder“, der alte Bauer in seinen Holzschuhen, weit draußen im Ravensberger Land.
Aus heutiger Sicht ist es aber auch ein Dokumentarfilm: Neben der Herstellung wird die Auslieferung der Zeitung gezeigt: Zu sehen sind Außenaufnahmen von Halle und Versmold. Anschaulich wird die damalige Infrastruktur: Telegramme und Telefon, Boten auf schnellen Fahrrädern, ein rasender Lieferwagen und die Eisenbahn als „Transportmittel Nr. 1“.
Der Stummfilm ist professionell gemacht. Die Bremer Produktinsfirma Müller & Gersiek arbeitete mit Drehbuch: Es gibt gut geplante Kameraeinstellungen, eine Choreographie für die auftretenden Personen und ausgewählte Requisiten wie den Verlobungsring am Finger einer Dame, die gemeinsam mit einem Herrn eine Anzeige aufgeben möchte…
Hinter der Redaktion liegt das Druckereigebäude.
Am Donnerstag den 18. Februar 1932 feierte das HK sein 50jähriges Bestehen. Veröffentlicht wurde an diesem Tag eine „Festnummer“ der Zeitung, die wie gewohnt im Betrieb an der Rosenstraße in Halle gedruckt worden war.
Das Geleitwort. Ein Jahr vor dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten im Januar 1933 spiegelt die Jubiläumsausgabe den Geist der späten Weimarer Republik. Es herrscht eine allgemeine Bedrückung in Folge der Weltwirtschaftskrise und der politischen Instabilität. Dem setzt die Zeitung in ihrem Geleitwort ein trotziges „Im Unglück jetzt erst recht!“ entgegen. Es wird die Erwartung geäußert, ein „Wendepunkt der Geschichte“ stehe bevor. Ein Jahr später trat dieses tatsächlich ein. Das Vokabular der politischen Rechten fließt bereits in den allgemeinen Sprachgebrauch ein: Auch im Geleitwort der Festnummer kündigt sich der „Kampf für Volk und Vaterland“ an. Ob das Bärtchen mancher Herren als politisches Statement gemeint ist?
Auf den Anzeigenseiten werben die Geschäfte jüdischer Eigentümerinnen, Ida Herzberg in Halle oder Familie Bergfeldt in Versmold, für Damen- und Kindermoden oder Öfen und Spielfahrzeuge. Friseur Ellerbeck bietet Ondulieren und Bubikopf-Pflege an. Kaufmann C.H. Brune lobt seinen „Schellfisch ohne Kopf“, Hoflieferant Rolff dagegen „Saftschinken in Dosen“. Ein junger Knecht sucht Arbeit. Diese Anzeigen stehen neben der einzigen Bekanntmachung einer Partei: Die NSDAP ruft zur „öffentlichen Kundgebung“ nach Borgholzhausen, wo der Bielefelder NSDAP-Stadtverordnete Emil Irrgang fordern würde: „Hinweg mit dem System! Dem Nationalsozialismus die Macht!“ – womit klar war, wohin der Weg führen sollte.
Als Autoren der Festausgabe konnten namhafte Persönlichkeiten und Amtspersonen gewonnen werden: Der Verleger, Werner Bratvogel, lässt die Geschichte des Haller Kreisblatts revue passieren, Landrat von Campe erklärt die Entstehung des Kreises Halle, der junge Haller Bürgermeister Eduard Meyer zu Hoberge skizziert „Das Amt Halle und seine Gemeinden“, Werthers Bürgermeister Ostrop schreibt über Werther, Lehrer Wilhelm Vinke über Versmold. Landwirtschaftsrat Kersken stellt die Haller Landwirtschaftsschule an der Alleestraße vor, der Postmeister von Werther wiederum seinen Aufgabenbereich usw. Für Halle schreibt ein Dr. Georg Krause über „50 Jahre Gewerbe in Halle“ und Lehrer Artur Wittenstein befasst sich mit den Haller Schulen. Beide werden nach 1933 führende NSDAP-Leute in Halle.
In der Beilage „Aus dem werktätigen Leben unserer Heimatzeitung – Ein Tag Haller Kreisblatt“ werden alle Abläufe der Zeitungsherstellung gut lesbar beschrieben. Gerade so, wie sie der Film zeigt.
Soeben erreicht uns die Nachricht, dass heute ein weiterer, nämlich der erste Teil des Stummfilms entdeckt wurde!
Gegenstand könnte die Berichterstattung vom Tierschaufest in Tatenhausen sein. Wir versuchen, Näheres in Erfahrung zu bringen und halten Sie auf dem Laufenden.
Katja Kosubek am 9. Mai 2020, 0.17 Uhr.
Es ist uns gelungen, den Film „Tierschaufest in Tatenhausen 1932“ zu digitalisieren, den wir Ihnen heute stolz präsentieren können…
Katja Kosubek am 9. Oktober 2021, 16.19 Uhr.
Zum Weiterlesen
Halles erste Zeitung war Der Bote vom Ravensberge, herausgebracht von dem Hörster Drucker und Pressepionier Heinrich Uthmann. Man schrieb das Revolutionsjahr 1848…
Aus dem Boten vom Ravensberge wurde später das Haller Kreisblatt.
Quellen:
Stummfilm „Haller Kreisblatt 1932“.
Jubliläumsausgabe „50 Jahre Haller Kreisbkatt – 1882-1932“.