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AusstellungZeitRaum 3 NationalsozialismusThemenwand Das Regime Hagedorn-Denkmal

Hagedorn-Denkmal

Sandstein | 1802
Stadt Halle/Westfalen

„Abreißen!“, forderte NSDAP-Ortsgruppenleiter Krause – das Denkmal für Hermann Hagedorn unterhalb der Kaffeemühle sei als Freimaurer-Monument „entlarvt“. Die weltweit vertretenen Freimaurer wurden von den Nationalsozialisten bekämpft, wo immer sich eine Gelegenheit bot. Krause drohte, das Denkmal würde andernfalls von „unbesonnenen Jugendlichen“ zerstört.  Dem trat Heinrich Strakerjahn entgegen, der in Lübeck eine Schule für Gehörlose geleitet hatte.  In einem flammenden Appell erläuterte er die „zutiefst christliche Symbolik“ des Denkmals und rettete sie damit vor dem Abbruch.

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Aussichtspavillon "Kaffeemühle"

Blickt man vom Hagedorn-Denkmal den Hang hinauf, thront dort ein „Lustpavillon“ – das Herz des ehemaligen Landschaftsparks der Hagedorns – im Volksmund liebevoll „Kaffeemühle“ genannt. (Foto: Eberhard Wiegand)

Was es damit auf sich hatte? Erfahren Sie mehr…

Die Schützenhalle auf dem Schützenberg in Halle/Westfalen

Plünderung des Schützenberges

„Mitnehmen was geht!“ – das war die Devise, als 1945 plötzlich die Bestände des Reichsarbeitsdienstes zugänglich waren. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.)

Was es auf dem Schützenberg zu holen gab, verraten wir hier…

Trümmer des britischen Halifax-Bombers. Foto: Albert Buck.

Absturzstelle eines Halifax-Bombers

Er zerschellte nur knapp neben der „Kaffeemühle“ und dem Hagedorn-Denkmal. Was wurde aus der Besatzung? Foto: Albert Buck.

Lesen Sie die dramatische Geschichte des Halifax-Absturzes

Details und Hintergründe

NSDAP-Ortsgruppenleiter fordert Abbruch des Hagedorn-Denkmals!

Was würden die Haller sagen, wenn ihr Hagedorn-Denkmal verschwände? Ein abstruser Gedanke? Klar, doch das war nicht immer so. Stadtrat Dr. Krause verlangte in der Ratssitzung vom 11. Januar 1937 nämlich den Abbruch des Ehrenmals für Hermann Hagedorn, der den Stadtwald mit der Kaffeemühle angelegt hat. Dass es am Ende soweit nicht kam, war allein dem mutigen Einschreiten des Rektors i.R. Heinrich Strakerjahn zu verdanken.
Eine schier unglaubliche aber wahre Geschichte. Sie wurde jetzt rein zufällig im Stadtarchiv entdeckt.

NSDAP entlarvt Hagedorn-Denkmal!
Dr. Krause war damals nicht nur Ratsmitglied, sondern auch Haller Ortsgruppenleiter der NSDAP.
Er behauptete, ihm seien mehrfach Beschwerden vorgetragen worden, die auf eine Entfernung des Denkmals hinzielten. Man glaubte, die dort in Stein eingemeißelten Zeichen und Worte als freimaurerisch entlarvt zu haben. Weshalb Herr Krause unmittelbar vor der obigen Ratssitzung Bürgermeister Meyer zu Hoberge die Beseitigung des Denkmals vorschlug, um einer „möglichen Zerstörung durch unbesonnene Jugendliche“ zuvorzukommen. Man könne in der heutigen Zeit, in der man den gefährlichen Charakter des Freimaurertums erkannt habe, nicht mehr verantworten, dass die Stadt auf ihrem Gelände Symbole des Freimaurertums dulde.

Ende Oktober 1959, Foto: Eberhard Wiegand, zur Verfügung gestellt von Martin Wiegand (steht als Sechsjähriger auf dem Denkmal)

Das Denkmal - ein Geburtstagageschenk für Hermann Hagedorn - gehört seit vielen Generationen zu Halle, auch für den kleinen Martin im Herbst 1959. Foto: Eberhard Wiegand.

Der Bürgermeister trug den Antrag seinen Stadtverordneten vor und alle stimmten zu. Einmütig, wie es heißt. Es gab allerdings die Alternative, anstelle eines endgültigen Abbruchs lediglich die verdächtigen Textstellen und Symbole am Denkmal abzuschlagen. Auch die komplette Umsetzung des Denkmals in die Stadt und seine Verwendung zu einer städtischen Brunnenanlage wurde vorgeschlagen.
Meyer zu Hoberge sollte Nachkommen von Hermann Hagedorn suchen, um gegebenenfalls diesen die Ausführung der Ratsentscheidung anzutragen. Schließlich hatten Hagedorns Söhne und Enkel das Denkmal seinerzeit (im Jahre 1802) errichten lassen. Der Bürgermeister wollte offenbar Zeit gewinnen. Er beauftragte zunächst Kreisbaurat Schluchtmann, die Kosten zu ermitteln und unterrichtete auch Dr. Rave, den Provinzialkonservator in Münster, über den Haller Ratsbeschluss. Der Konservator zeigte Verständnis, genehmigte die Pläne am 5. April und erlaubte sich seinerseits, für die Brunnen-Variante zu plädieren.

Bürgermeister versucht Zeit zu gewinnen
Im nächsten Schritt trafen sich die Herren Meyer zu Hoberge, Dr. Krause und Steinhauermeister Schmidt am Hagedorn-Denkmal zu einem Ortstermin. Darüber protokolliert der Haller Verwaltungschef am 12. Mai 1937: „Nach näherer Prüfung unter Hinzuziehung eines Steinhauermeisters ist ein bruchfreier Abbau nicht möglich. Das Denkmal soll deshalb erhalten bleiben, aber der freimaurerischen Symbole entkleidet werden.“ Er habe bei dem Treffen vorgeschlagen, die Säule des Denkmals anschließend mit einem „kunstvollen Himmelsanzeiger“ zu bekrönen. Der Vorschlag gefiel auch dem Ortsgruppenleiter und er übernahm eilfertig die Suche nach einem tüchtigen Schmiedegesellen, bevorzugt nach einem, der den Himmelsanzeiger zu seinem Meisterstück machen würde. Dr. Krause hatte den Mund wohl zu voll genommen. Er teilte zwei Wochen später knapp mit, es seien keine geeigneten Schmiedegesellen vorhanden.
Meyer zu Hoberge bat Kreisbaurat Schluchtmann nun, baldmöglichst einen Entwurf für den Himmelsanzeiger zu zeichnen, denn den wollte der Provinzialkonservator prüfen, bevor er zum angekündigten Besuch am 11. Juni nach Halle komme.

Die umstrittenen Symbole auf dem Hagedorn-Denkmal. Foto: Haller ZeitRäume.

Flammender Appell zur Rettung des Denkmals
In dieser Situation flatterte ein flammender Appell des Rektors a.D. Heinrich Strakerjahn auf den Schreibtisch von Bürgermeister Meyer zu Hoberge. In seinem sehr emotionalen Brief, einem Gutachten gleich, widerlegt Strakerjahn die Behauptung, das Hagedorn-Denkmal trüge freimaurerische Symbole. Das Denkmal sei in Form und Gestaltung Ausdruck fundamentaler christlicher Werte und er beschwört die Verantwortlichen: „Es ist ihre heilige Pflicht, das Denkmal im Sinne der Stifter zu erhalten und keine Änderungen daran vorzunehmen. Wer ihm seine Symbole nimmt, raubt ihm seine Sprache, seinen künstlerischen Wert und seinen geistigen Sinn.“

 

Wolfgang Kosubek

Heinrich Strakerjahn aus Halle leitete eine Schule für Gehörlose in Lübeck

Heinrich Strakerjahn, ein pensionierter Schulrektor, rettete das Hagedorn-Denkmal vor der Zerstörung durch die NSDAP. Foto: Stadtarchiv Halle (Westf.).

Der Konservator in Münster bekannte kleinlaut, die Ausführungen des Herrn Rektor seien so überzeugend, dass man die Ausdeutung der Symbole als freimaurerisch endgültig aufgeben müsse. Dr. Krause blieb uneinsichtig, war aber einverstanden, die peinliche Affäre schweigend auszusitzen.
All dies hat Eduard Meyer zu Hoberge 44 Jahre später, am 1. Februar 1981, in einem Aktenvermerk zu Protokoll gegeben. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits 81 Jahre alt.

Wolfgang Kosubek, 6. Oktober 2010

Die Inschrift ist Hermann Hagedorn "dem Freunde der Natur" gewidmet.