Die stattliche Kappenwindmühle auf der Lindart (heute Lindartstraße 10) prägte das Stadtbild um 1840. Üblich waren in Halle sonst nur Wassermühlen. Die „Mühle aus Stein“ erscheint erstmals in der Karte von 1837. Doch schon 1861 wird sie nicht mehr erwähnt. Mangelte es an Wind? Geriet sie in Flammen? Hat sie ein Müller aus Bardüttingdorf „verpflanzt“? Oder wurde sie ein Opfer der ersten Dampfmaschinen? Was bleibt, ist diese Ansichtskarte des Haller Verschönerungsvereins von unbekanntem Maler aus dem Jahr 1908 – und die Idee, aus Wind und Wasser Energie zu gewinnen.
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Der Maler stand wohl auf „Schützenhügel“, einer Art Dünenkette, die bis etwa 1940 nahe der Haller Brandheide lag. Unbekannt ist, wer diese frühe Stadtansicht malte, und ob er die historischen Gebäude vielleicht nur aus der Erinnerung schuf.
Eines jedoch steht fest: Die Haller Windmühle hat es tatsächlich gegeben. Gebaut wurde die Mühle im Jahre 1828. Wie es in einer Zeitungsannonce von 1831 heißt, war sie „größtentheils massiv und sehr fest […] worin die Getriebe zum Gemahl für Rocken, Waitzen, Grütze und zum Bocken angebracht sind, und alles im allerbesten Stande und bequemer Einrichtung vorhanden, und wegen ihrer Lage nicht vortheilhafter stehen kann…“[1]. Es konnten also Roggen und Weizen gemahlen werden. Außerdem gab es ein Stampfwerk, in dem der Flachs gebrochen wurde, um dann zu Leinengarn und Leinenstoff weiterverarbeitet zu werden.
Das bestätigt eine topografische Karte aus dem Jahre 1837, worin die besagte Windmühle als Signatur enthalten ist. Die Legende erklärt die Signatur als „Mühle aus Stein“. Es handelte sich um den Typ ‚Holländer-‚ oder ‚Kappenmühle‘, bei der das achteckige Fundament – es besaß einen Durchmesser von etwa zehn Metern – und mindestens das Erdgeschoss gemauert waren.
Windmühlen mussten einen gewissen Abstand zu Straßen und Wegen haben, von Kommunalstraßen 30 Ruthen von Landstraßen 50 Ruthen (ca. 150 m). So sah es eine preußische Verordnung von 1826 vor. Auf Anfrage reagiert die Stadt Halle 1839, die Haller Windmühle läge an keiner Straße, es befände sich nur ein Feldweg in der Nähe. Die Flügel seien im Übrigen „mindestens 14 Fuß von der Erde“[2]. Es ging also keine Gefahr von der Windmühle auf der Lindart aus.
Der genannte Feldweg ist die heutige Lindartstraße. Auf dem ehemaligen Mühlengrundstück steht vorn das Wohnhaus mit der Nummer 10.
Damals gehörte das Anwesen gehörte dem Glaser Schedefeld und der verkaufte den Besitz im Jahre 1852 an Johann Wilhelm Heining, einen Müller aus Bardüttingdorf. Heining scheint die Mühle zuvor bereits als Pächter betrieben zu haben.
Irgendwann in den folgenden zehn Jahren muss es mit der Windmühle ein rasches Ende gegeben haben. In der Urvermessung von 1824 ist die Mühle noch nicht verzeichnet und als das gesamte Grundstück im Jahre 1861 von der Bürgerstiftung übernommen wurde, gab es sie sicherlich nicht mehr.
Niemand aber würde eine so stattliche Mühle für höchstens 33 Jahre (1828 bis 1861) errichtet haben. Was ist damals mit der Haller Windmühle tatsächlich passiert? Sie könnte zum Beispiel in Ermangelung von ausreichendem Wind – am südlichen Teutoburger Wald gab es sonst nur Wassermühlen – auch an einen günstigeren Ort versetzt worden sein. Möglicherweise rentierte sich der Betrieb nicht, oder nicht mehr – insbesondere, als mit der Einführung der Dampfmaschine Steinkohle die Windenergie ersetzte. Vielleicht fiel sie aber auch einem Brand zum Opfer, was angesichts der üblichen Holzbauweise bei Mühlen nicht selten vorkam. So gingen im Jahr 1852 gleich mehrere Windmühlen in der Grafschaft Ravensberg in Flammen auf, meist weil bei einem Gewitter der Blitz in einen Flügel geschlagen hatte.
Die Stadtansicht mit Windmühle ist neben dem unbekannten Maler auch dem Haller Verschönerungsverein von 1901 zu verdanken, der sie als Ansichtskarte „Halle vor 100 Jahren“ zu Weihnachten 1908 herausgab, zusammen mit etwa 30 weiteren Ansichten. Die Aufschrift auf der Rückseite lautet: „Eigentum des VV Halle i.W. Liebh. Aufnahme von Ferd. Rolff“.
Wolfgang Kosubek und Martin Wiegand