Vom NSDAP-Kreisleiter entlassen wurde Eggebergs Bürgermeister Wilhelm Ellerbrake. Nach der Reichstagswahl 1936 hatte er der Partei Wahlbetrug vorgeworfen. Ellerbrake kannte die politischen Ansichten seiner Eggeberger und wusste, dass sie nicht zu 98% NSDAP gewählt haben konnten. Am Ende war es wohl dem Haller Amtsbürgermeister Meyer zu Hoberge zu verdanken, dass Ellerbrake nur sein Amt verlor.
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Halle befand sich im Ausnahmezustand, als am 10. April 1938 über den so genannten „Anschluß Österreichs“ an das Deutsche Reich abgestimmt wurde. Das Amtshaus war festlich geschmückt. Mit dem Gefühl Weltgeschichte zu erleben, beginnen die Haller diesen Tag. Stimmten tatsächlich 98,9 % mit „Ja“?
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In einem Land, in dem die freie Meinungsäußerung mit dem Tode bestraft werden konnte, hatte Eggebergs Bürgermeister Wilhelm Ellerbrake der NSDAP nach der Reichstagswahl 1936 Wahlbetrug vorgeworfen. Es war wohl der Fürsprache des Haller Amtsbürgermeisters Eduard Meyer zu Hoberge zu verdanken, dass Ellerbrake nur sein Amt verlor.
Bürgermeister Ellerbrake
„Was er sagte, das sagte er und was er machte, das machte er“,[1] hieß es über die gradlinige Art des Bauern Wilhelm Ellerbrake, der ab 1919 Gemeindevorsteher in Eggeberg war. Das Amt wurde 1935 in Bürgermeister umbenannt. Ellerbrake kannte die politischen Ansichten seiner Eggeberger und wusste, dass sie bei der Reichstagswahl am 29. März 1936 nicht zu 98% NSDAP gewählt haben konnten – und genau das sagte er.
Reichstagswahl 1936
Seit Januar 1933 fanden im Deutschen Reich keine freien Wahlen mehr statt. Die so genannten Reichstagswahlen von 1936 und 1938 ließen nur eine Einheitsliste der NSDAP zu, für die mit JA oder NEIN gestimmt werden konnte. Diese Wahlen nutzte das NS-Regime, um sich der Zustimmung der Deutschen zu seiner Expansionspolitik rückzuversichern: Der Wahl 1936 war die Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes mit 30.000 Soldaten und damit der Bruch des Versailler Vertrages am 7. März 1936 vorausgegangen. Die Wahl 1938 folgte unmittelbar auf die Besetzung Österreichs. [2]
Geschehnisse in Eggeberg
Nachdem Ellerbrake das Wahlergebnis in der Zeitung gelesen hatte, fuhr er nach Halle, um klarzustellen, dass er dieses Wahlergebnis für Eggeberg nicht anerkannte.[3] Es ist nicht ganz klar, ob er sich damit an die Stadt, den Landrat oder aber an die NSDAP-Ortsgruppenleitung wandte.
Katja Kosubek
Quellen
[1] Zeitzeugengespräch mit Erwin Ellerbrake im Februar 2011.
[2] Anders als im Zeitzeugengespräch erwähnt, war Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits am 2. August 1934 verstorben. Die Volksabstimmung zur Zusammenlegung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten (sowie deren Besetzung durch Adolf Hitler) fand am 19. August 1934 statt.
[3] Zeitzeugengespräch mit Erwin Ellerbrake im Februar 2011.
Aus dem Protokollbuch der Eggeberger Gemeindeversammlungen ist jedoch ersichtlich, dass Ellerbrakes couragiertes Auftreten hohe Wellen geschlagen haben muss. Kurze Zeit später erschien der NSDAP-Kreisleiter in Eggeberg, begleitet von Meyer zu Hoberge. Die Gemeinderat war einberufen worden und erschienen. Bürgermeister Ellerbrake wurde nun aufgefordert, den Raum zu verlassen. In Abwesenheit wurde er seines Amtes enthoben und stattdessen Erich Schneiker zur Wahl vorgeschlagen. Nicht protokolliert ist, dass Amtsbürgermeister Meyer zu Hoberge seine Hand über Wilhelm Ellerbrake gehalten hatte und ihn dadurch vor einer Strafe bewahrt hatte.
Der Amtsenthebung zum Trotz führte Ellerbrake die Bürgermeisteraufgaben wie gewohnt weiter. Erst 1938 wurde er de facto abgelöst und erhielt seine offizielle Entlassung (siehe rechts).
[4] Stadtarchiv Halle/Westfalen: Protokollbuch der Gemeindeversammlungen in Eggeberg.