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Ausstellung Schloss Steinhausen

Schloss Steinhausen

Lithographie | 1860
Sammlung Haller ZeitRäume

Durch eine Allee alter Buchen und über eine Laibach-Brücke gelangte man früher zum Schloss Steinhausen. Es lag einen kleinen Fußmarsch westlich von Halle und einen kurzen Ritt nördlich von Tatenhausen. Schon im Jahre 1610 füllte lebhafte Betriebsamkeit den Saal und die Zimmer – neue Bewohner zogen ein… wer waren sie?

Schloss Steinhausen, das im März 1955 abgebrochen wurde, war das kleinere und wahrscheinlich ältere der beiden Haller Schlösser. Erfahren Sie mehr über seine Bewohner, über hinterhältigen Mord und fröhlichen Diebstahl, unter….

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Exponat: Schloss Steinhausen

Lesen Sie einen der folgenden Beiträge – oder einfach alle!

  • Schloss Steinhausen – Die Geschichte seiner Eigentümer und Bewohner
  • Müttererholungsheim Schoss Steinhausen – Ein Zeitungsfund
  • Die Maronen von Steinhausen – Eine Erinnerung

Schloss Steinhausen – Die Geschichte seiner Eigentümer und Bewohner

Wo lag das verschwundene Schloss?

Schloss Steinhausen lag südlich der heutigen Bahnlinie und östlich der Firma Storck, zwischen der Straße Arrode und dem Paulinenweg. Wer als Kind dort an Storcks Ententeich stand, hätte geradewegs auf das Schloss geschaut, wenn es denn am anderen Ufer noch gestanden hätte.

Nur der Steinhausener Weg erinnert noch an den Adelssitz. Von dort aus gelangte man durch eine Allee dicker Buchen und über eine Laibachbrücke zum Schloss. Vor dem Anwesen lagen zwei Teiche, dahinter ein Garten mit Obstbäumen, angrenzend Wagenremise und Ställe. Steinhausen hatte zu seiner Blütezeit große Ländereien, mehrere „eigenbehörige“ Bauernhöfe und drei Wassermühlen, angetrieben vom Laibach. Das alles zeigt eine Landkarte von 1780. So war Steinhausen ein westfälisches Rittergut, etwa vergleichbar mit Schloss Königsbrück an der Warmenau bei Melle-Neuenkirchen oder Schloss Mühlenburg und Haus Wehrburg bei Spenge.[1]

Karte der Stadt Halle in Westfalen im Jahr 1837. Zu sehen sind: Schloss Steinhausen (am linken Rand), Meinders Hof, Friedhof von 1828, Hof Hartmann und Gerberei. Leihgabe: Landesvermessungsamt NRW.

Ein Blick ins Mittelalter – Die Junker von Steinhaus bauen ein „festes Haus“

Schon um 1332 als die Grafen von Ravensberg das Land regierten, soll das Adelsgeschlecht von Steinhaus bei Halle ansässig gewesen sein. Die Familie ließ sich um 1470 unweit von Halle ein „festes Hauses“ bauen.[2] Ein Gebäude aus Stein war erheblich teurer als der übliche, schnell errichtete Fachwerkbau. Man musste schon „steinreich“ sein, um sich ein solches leisten zu können. Der Adelssitz Steinhausen mit seinen massiven Bruchsteinmauern sollte dann auch fünf Jahrhunderte überdauern, während die Familie Steinhaus bereits 1610 ausstarb, zumindest gab es keine Söhne, die den Namen weitergetragen hätten.

Steinhausen gelangte nun in die westfälische Adelsfamilie von Hatzfeld.[3] Diese wiederum war mit den Adelsgeschlechtern von Ledebur und von dem Busssche verwandt. Auch diese werden im Verlauf der Geschichte noch auf Steinhausen eintreffen…

Der Graf von Ravensberg mit dem Sparrenwappen auf seinem Schild um 1240. Die Sparren finden sich unter anderem im Stadtwappen von Halle und Bielefeld. Leihgabe des Historischen Museums Bielefeld.

30 Jahre Krieg – Mord und Niedergang

Ob Heinrich Ludwig von Hatzfeld selbst auf Steinhausen residierte, ob seine Kinder und Gäste die vielen Zimmer des festen Hauses mit Leben füllten, ist denkbar, aber nicht sicher überliefert. Lange währte das Glück der Hatzfelds auf Steinhausen nicht, denn 1618 begann der Dreißigjährige Krieg. Der Gutsherr wurde Kommandant von Rostock und 1631 „grauenvoll“[4] ermordet.

Nun entbrannte ein Streit um das Schloss zwischen einem Herrn von Ledebur, dem Drosten[5] des Amtes Limberg, und dem Rentmeister Edler, denn sie beide hatten Hypotheken auf Steinhausen. Edler war näher dran, er besetzte das Anwesen militärisch, doch es gelang Drost Ledebur, Steinhausen zu stürmen! Rentmeister Edler wurde gefangen genommen und starb elendig im Gefängnis auf der Burg Ravensberg.[6]

Ein Interesse, sich auf Steinhausen nieder zu lassen, hatten die Ledeburs seinerzeit offenbar noch nicht. An dieser Stelle fehlt uns ein Puzzleteil der Geschichte.

Noch immer wütete der Dreißigjährige Krieg, als Hauptmann Johann von Dumbsdorf das Rittergut 1635 übernahm.[7] Er hatte auf der Seite des katholischen Kaisers Ferdinand II. und seines Getreuen Walleinsteins gekämpft. Ob es am fortdauernden Krieg lag oder ob Dumbsdorf keine glückliche Hand hatte, sei dahingestellt – Steinhausen verwahrloste in diesen Jahren. Wie der anonyme Gutschronist vermerkt, „ist das Guth sehr herunter gekommen“ und büßte einen Teil seiner Ländereien und Eigenhörigen ein. Erst unter seinem Sohn Johann Wilhelm von Dumbsdorf erholte es sich allmählich.

Eine der ältesten Ansichten der Schlossanlage Steinhausen. Plan des Geometers Johann Hermann Siekendiek von der "Oldendorfer Masch" bei Halle um 1780. Landesarchiv NRW, Münster.

Familie von Ledebur – Vertrauensleute des Großen Kurfürsten

Als der Dreißigjährige Krieg 1648 durch den westfälischen Frieden beendet war, brauchte der neue Herrscher, der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, kluge und tüchtige Verwaltungsleute, die das Land in seinem Sinne organisierten. So ein „Drost“ sorgte vor allem für Recht und Gesetz, er hatte die Aufsicht über Handel und Handwerk und Landwirtschaft.

Zum Drost des Amtes Ravensberg wurde 1654 der erst 27jährige Clamor von Ledebur ernannt. Er kam direkt aus dem Studium als promivierter Jurist nach Halle. Der junge Mann war von seiner Berufung etwas enttäuscht, da ihm zuvor das Amt Sparrenberg mit der Stadt Bielefeld zugesagt worden war. Doch während seiner Zeit an den Universitäten Rostock und Straßburg hatte der Große Kurfürst den Posten anderweitig vergeben.[8]

Das Amt Ravensberg entsprach etwa dem heutigen Altkreis Halle und war eines von vier Ämtern in der Grafschaft Ravensberg. Durch den langen Krieg hatte das Land stark gelitten. Der junge Ledebur überwand seine Enttäuschung und ging voller Eifer an die Arbeit. [9]

Zur Vermehrung des Familienbesitzes kaufte Clamor von Ledebur[10] um 1660  das Schloss Steinhausen und verpachtete es. Denn er selbst wohnte auf der Burg Ravensberg und besorgte seine Amtsgeschäfte auf dem “Kuhhof“ unterhalb der Burg ─ 36 Jahre lang, bis er 1690 auf der Ravensburg starb. In einer Gruft der evangelischen Johanniskirche zu Halle wurde der Drost von Ravensberg beigesetzt.[11]

Burg Ravensberg bei Borgholzhausen von oben. Foto: Stiftung Burg Ravensberg.

Burg Ravensberg, Wohnsitz und Sterbeort des Clamor von Ledebur, Drost des Amtes Ravenberg. Foto: Stiftung Burg Ravensberg.

Junges Leben auf Schloss Steinhausen

Während Clamor von Ledeburs Amtszeit wurde 1665 auf Steinhausen ein kleiner Junge geboren, Hermann Adolph Meinders. Dessen Vater, Dr. Conrad Meinders war Gograf des Amtes Ravensberg, er arbeitete also als oberster Gerichtsherr eng mit dem Drosten zusammen. So lag es nahe, Steinhausen von ihm zu pachten. Der kleine Meinders, verbrachte seine Kinderjahre auf dem Gut am Laibach, aber auch unter ausgesprochen gebildeten Erwachsenen. So wurde er zu einem Gelehrten und Bücherfreund, dessen Herz an Ravensberg und ganz besonders an Halle hing. Hermann Adolph Meinders ist in den Haller ZeitRäumen ein großer Beitrag gewidmet.[12]

Clamor von Ledeburs Erbe war sein jüngster Bruder Hermann, dem nun Königsbrück, Steinhausen und weitere Güter gehörten. Hermann hatte Glück mit der Wahl seiner Ehefrau: Mit fast 60 Jahren heiratete er 1692 seine junge, tüchtige Cousine Henrietta von Ittersum.[13] Das Paar bekam vier Töchter und einen Sohn. Die Familie lebte zumindest zeitweise auf Steinhausen, und hier starb Hermann im Sommer 1709.[14]

Nun begann eine Ära der Frauen auf Schloss Steinhausen. Die 42jährige Gutsherrin Henrietta von Ledebur verstand es, mit ihrem reichen Erbe umzugehen. Sie führte die Geschäfte umsichtig und erweiterte den Besitz. In Neuenkirchen stiftete sie eine Schule. Der Kirche in Halle schenkte sie 1719 eine neue Orgel. Im Gegenzug durfte sie sich an dem von ihr gewünschten Platz eine „Prieche“ bauen lassen, also einen privaten Sitzplatz in der Kirche. [15] 

Henrietta von Ledebur konnte sich zweifellos einen gehobenen Lebensstil leisten, modische Kleidung aus Samt und Brokat, eine weiße Perücke oder weiß gepuderes Haar. Die Herren trugen bei ihrem Besuch auf Steinhausen eine lange Jacke zur farbige Westen, Kniebundhosen, weiße Strümpfe und Spangenschuhe. Man hielt auf sich – auch im kleinen Halle!

Von Henrietta ging Schloss Steinhausen 1729 auf ihre Schwiegertochter und 1745 auf die Enkeltochter Henrietta Dorothea Johanna über. Diese heiratete 1733 Johann Friedrich von dem Bussche-Hünnefeld und brachte das Schloss mit in die Ehe.[16]

Hermann Adolph Meinders, Gograf im ravensbgergischen Halle (Halle in Westfalen) und Gelehrter. Ölgemälde - Leihgabe aus Privatbesitz.

Mietangebot: Haus mit 25 Wohnzimmern

Mehr als 100 Jahre vergingen. Ein Zweig der Familie von dem Bussche-Streithorst lebte noch um 1828 auf Schloss Steinhausen.Die nebenstehende Lithographie zeigt die Südseite des Anwesens mit seinen gepflegten Parkanlagen. Schöne Bäume, eine Trauerweide und sogar Kübelpflanzen sind zu erkennen. Gärten mit mediterranen Pflanzen, wie Orangen- und Zitronenbäumchen, waren en vogue. Ein Trauerhain, vergleichbar mit den zeitgleich entstandenen bürgerlichen Waldbegräbnissen in Halle, ist nicht belegt. Es war beabsichtigt, die Familienmitglieder auf dem evangelischen „neuen Leichenhof“ in Halle zu bestatten, der in jenem Jahr eröffnete. Die von dem Bussches sicherten sich dort ein Erbbegräbnis.

Doch im Jahre 1842 kam es zur Versteigerung des Adelssitzes. Neuer Eigentümer wurde Graf Clemens August von Korff-Schmising zu Tatenhausen (1804 – 1882), der es erst einmal verpachtete. Ein Inserat in den Öffentlichen Anzeigen der Grafschaft Ravensberg offerierte im Sommer 1842:

„Verpachtung. Auf dem Gute Steinhausen in der Grafschaft Ravensberg ganz in der Nähe der Kreisstadt Halle soll das herrschaftliche Wohnhaus mit einem Nebengebäude, welches Stallung für Pferde und Kühe enthält […] und ein mit sehr guten Obstbäumen besetzter Garten von 8 Morgen für mehrere Jahre verpachtet werden. Das in gutem baulichen Zustand befindliche Wohnhaus hat eine freundliche gesunde Lage […] an einem Bache, der unweit von dort drei Mühlen treibt. Dasselbe enthält außer Küche, Keller und Bodenraum 25 Wohnzimmer.“[17] und weiter: „Pachtlustige mögen sich in der Rentei des Gutes Tatenhausen in der Grafschaft Ravensberg bei Halle melden.“ [18]

Graf Clemens August von Korff-Schmising zu Tatenhausen trat 1860 das Gut Steinhausen  an seinen gleichnamigen Sohn Clemens August ab[19]. Kurze Zeit war es das „Kronprinzenschlösschen“ zu Tatenhausen: So bewohnte Maximilian von Korff-Schmising (1870-1951) das Gut Steinhausen mit seiner Familie von 1897 bis 1904, bevor der Tatenhausen übernahm.

Schloss Steinhausen - Südseite mit Park. Lithographie von P. Herle & Co Paderborn aus F. W. von Schorlemer (Hg): "Die Ritter-Güter der Provinz Westfalen" um 1837-40 (Ausschnitt, das Original zeigt unter der Lithographie das Wappen der Familie von dem Bussche).

Bekannte Persönlichkeiten lebten in jener Zeit auf Schloss Steinhausen, das mit seinen „25 Wohnzimmern“ und weiteren Wohnungen in den Nebengebäuden nicht nur reichlich Platz für mehrere Parteien sondern auch ein repräsentatives Umfeld bot. Ihren Wohnsitz hatten hier beispielsweise die Landräte des Kreises Halle, Georg Graf zu Ysenburg und Büdingen-Philippseich und Dr. Siegfried Roehrig, außerdem Kreismedizinalrat Dr. Gustav Diering[20], der Chefarzt des Haller Krankenhauses von 1876. An dessen Wirken im Zweiten Weltkrieg erinnert sich in den Haller ZeitRäumen seine junge Kollegin Dr. Margret Albring.

Im Sommer 1940 gab es Überlegungen zur zukünftigen Nutzung Steinhausens, beispielsweise als Müttergenesungsheim, dazu unten mehr…

Doch durch den Kriegsbeginn 1939 kam alles anders. Kurzzeitig fand der Imkerverband aus Münster hier Zuflucht vor den Bomben, die dort einen großen Teil der Altstadt in Trümmer legten. Der damalige Vorsitzende des Imkerverbandes hatte Steinhausen als Ausweichquartier vermittelt, denn bei ihm handelte es sich um Franz Rütz, den Rentmeister von Tatenhausen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bot Schloss Steinhausen mehreren Flüchtlingsfamilien eine Herberge – 50 Menschen lebten unter seinem Dach.[21] Ob das Schloss in dieser Zeit noch in Stand gehalten wurde, ist fraglich.

Schloss Steinhausen um 1930. Foto Stadtarchiv Halle (Westf.)

Zukunftsorientiert und modern – Der Zeitgeist der 1950er Jahre

Der letzte Eigentümer, Clemens-August von Korff-Schmising (1898-1966) gab Steinhausen 1949 auf. Er verkaufte den gesamten Besitz, das Land und die Gebäude, an die Firma Condetta, eine Tochtergesellschaft der Firma Storck. Der Süßwarenhersteller war 1947 von Werther zugezogen, um hier auf freiem Feld zu expandieren.

Man blickte in die Zukunft, Modernität war gefragt. Es bestand nach dem Krieg kein Interesse an historischem Erbe, an Schloss Steinhausens langer Geschichte und seinem Erhalt. Das „herrschaftliche Wohnhaus“, welches 14 Jahre zuvor noch als „kunsthistorisch wertvoll“[22] bezeichnet worden war, wurde nun als „baufällig“[23] angesehen.

Als das Gebäude in den ersten Märztagen 1955 abgerissen wurde, offenbarte es seine Bruchsteinfundamente.[24] Als Zugeständnis sollte der achteckige Turm, erhalten werden, aber da er, anders als erwartet, nicht freistehend war, fiel er 1956 ebenfalls.

Ist von Schloss Steinhausen nichts geblieben, als einige uralte Buchen der Schlossallee?

Wenn Sie Ihre Erinnerungen mit uns teilen möchten, wenn Sie Fotos von Innenräumen oder Außenansichten haben, falls Sie von Architekturfragmenten (Turmspitze, Wappen, Kaminsims…) wissen, die anderswo bewahrt wurden, melden Sie sich gern! Kontakt…

 

Martin Wiegand, Wolfgang Kosubek & Katja Kosubek im März 2022

Abriss von Schloss Steinhausen in den ersten Märztagen 1955. Foto: Wilhelm Siebert für Haller Kreisblatt vom 4. März 1955 - Stadtarchiv Halle (Westf.)

Steinhausen ein Müttererholungsheim?

„ Mit Zollstock, Maßband und Zeichenstift.“[25]

So lautete eine Überschrift in den Westfälischen Neuesten Nachrichten am 22. Juni 1940.

„Schüler der Tischler- und Innenarchitektenklasse sowie der Grafischen Abteilung der Meisterschule des Deutschen Handwerks in Bielefeld befassen sich augenblicklich unter der Leitung von Prof. Woernle mit einer interessanten Aufgabe, nämlich der Anfertigung von Plänen für den Umbau des kunsthistorisch wertvollen Schlosses Steinhausen bei Halle i.W. in ein Müttererholungsheim. Wenn die Verwirklichung solcher Umbaupläne auch – zumindest vorläufig – ausscheidet, so sind die Schüler doch mit Feuereifer am Werk, wobei es zunächst gilt, das Schloß mit Zollstock und Maßband auszumessen und aufzunehmen. Die Aufgabe, die für einen späteren Reichsberufswettkampf gedacht ist, sieht die zweckentsprechende innere Neugestaltung bei Bewahrung der Außenansicht des schönen alten Schlosses vor“.

Das Projekt wurde nie umgesetzt.

 

Zeitungsfund von Martin Wiegand 2019

Schloss Steinhausen, Rückansicht vom Park. Aquarell von Josef Rütz um 1929. Sammlung Haller ZeitRäume.

Die Maronen von Steinhausen

Uns Haller Kindern kam Steinhausen immer zur Herbstzeit in den Sinn. Aber eigentlich ging es nicht um das alte Gemäuer, sondern um die Esskastanien – oder „Maronen“. Hinter dem Schloss befand sich nämlich eine Allee von Esskastanienbäumen.

Spätestens nach den Schularbeiten pilgerten dann immer Gruppen von Schulkindern mit Sammelgefäßen über die Schmising-Straße Richtung Schloss. Nirgendwo sonst gab es so große Kastanien und die, soweit ich mich erinnere, immer so voller Früchte hingen.

Die Kleinen sammelten die Kastanien ein, die reif auf dem Boden lagen, die Großen kletterten auf die dicken Äste und schlugen die grünbraunen Stachelbälle ab. Oder schleuderten zu demselben Zweck Holzknüppel in die Zweige. Weshalb die Bäume zum Ende der radikalen Ernte immer ziemlich zerrupft aussahen. Ich entsinne mich nicht, dass sich die damaligen Bewohner von Steinhausen daran groß gestört hätten.

Längst sind sie gefällt, „unsere“ Steinhausener Esskastanien. Aufgegeben wie das schöne wohl 500 Jahre alte Schloss des Ritters von Steinhaus.

 

Wolfgang Kosubek im Februar 2022

 

Nachbarkind Gerd Wißmann vor Schloss Steinhausen um 1950. Foto aus Privatbesitz.

[1] Schloss Königsbrück sowie Schloss Mühlenburg und das Herrenhaus Wehrburg in Spenge waren ebenso wie Schloss Steinhausen Adelssitze der weitverzweigten Familie von Ledebur.

[2] Vgl. Beiblatt zur Lithographie „Steinhausen“ veröffentlicht in: Alexander Duncker (Hg.): Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie naturgetreuen, künstlerisch ausgeführten, farbigen Darstellungen nebst begleitendem Text von 1857 bis 1883 in seinem Verlag erschien, hier: Steinhausen, Kreis Halle, Regierungsbezirk Minden, Provinz Westfalen. Sammlung der Haller ZeitRäume.

[3] „Tatenhausen, Geschichte eines Schlosses“ – Birgit Oelschläger, Uwe Henry Welther;  studienbegleitende Arbeit im Fachbereich Design der Fachhochschule Bielefeld, Forschungsprojekt: Ostwestfalen Lippe, Prof. Dr. Roland Günter WS 1989/1990. S. 192;

[4]das Wort „grauenvoll“ verwendet Karl Adolf Freiherr v.d. Horst in „Rittersitze der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentums Minden“ im Nachdruck der Ausgabe von 1894.

[5] Ein „Drost“ ist etwa vergleichbar mit einem Landrat.

[6]Oelschläger/Welther S. 192f.

[7] Die Familie Dumbsdorf (auch Dumpsdorf oder Domstorf) war in Osnabrück alt eingesessen und bekleidete dort über viele Generationen das Amt des Bürgermeisters , berichtet der Historiker Wolfgang Schindler auf Anfrage. Der Name Domstorf erscheint auf der dem Beiblatt zur Lithographie „Steinhausen“, s.o. Vgl. auch Familienforschungsportal „genealogy.net“, URL: https://wiki-de.genealogy.net/Haus_Steinhausen_(Halle) [online am 2. April 2022].

[8] Gerhard Freiherr von Ledebur: Die Ledeburs – Geschichte der Uradelfamilie Ledebur, Manuskript, Kiel 1984, S. 255f. Clamor von Ledebur und sein Bruder Gerhard Johann promovierte über den „rechtlichen Gebrauch der Waffen“. Ihre Dissertationen befanden sich 1984 in der Deutsche Staatsbibliothek Ost-Berlin, Signatur Fm103001. Dieser Zeig der Ledeburs war evangelisch, was dem Großen Kurfürsten sicher zusagte.

[9] Ledebur, S. 256.

[10] Verwandschaftliche Beziehungen verbanden Clamor von Ledebur mit den Adelsgeschlechtern von Hatzfeld, von dem Busche und von Korff.

[11] An der Kirchenwand hing zu seiner Erinnerung ein Bronze-Epitaph mit lateinischer Inschrift. Zu deutsch: „Der vortreffliche Herr Clamor Ledebur, Erbherr auf Ahrenshorst und Drost in Ravensberg, geboren zu Königsbrück den 24. April 1627, starb auf der Ravensburg den 9. April 1690“. Laut Eintrag ins Kirchenbuch „21. April 1690 ist der wohlgeborene Herr Clamor Ledebur, Drost zum Ravensberg, allhier beigesetzt, alt 63“. Landeskirchenarchiv Bielefeld, Kirchenbuch Halle in Westfalen. Das Bronze Epitaph ist im Besitz des Historischen Museums Bielefeld, die Übersetzung besorgte Dr. Gerhard Renda.

[12] Meinders heiratete in die Haller Familie Pott ein und bezog deren Wohnsitz in Halle Meinders Hof, abgebrochen 1925, heute Standort Rathaus I). Bestattet wurde Meinders, ebenso wie Clamor von Ledebur, in der Haller Johanniskirche.

[13]  Auch Henriette Maria von Ledebur, geb. von Ittersum oder Henrica Maria van Ittersum, geboren 1667. Die Hochzeit mit Hermann von Ledebur fand 1692/93 statt. Vgl. Ledebur, S. 259.

[14] Hermann von Ledebur war 1633 auf Königbrück geboren und starb 1709 auf Steinhausen. Ebd.

[15]Landeskirchliches Archiv, Bethel, Bestand 4.21/77, Kirchengemeinde Halle und „ Kirchenstühle, Priechen…“ Transkript von W. Kosubek, 11. Dezember 2017.

[16] Da ihr Henrietta von Ledeburs Sohn Heinrich Adolph von Ledebur früh starb (1725 mit nur 29 Jahren), vermachte sie das Gut im Jahre 1729 an dessen Witwe, Magdalena Dorothea Maria von Ledebur, geb. von Nagel. Die folgende Eigentümerin war 1745 deren älteste Tochter Henrietta Dorothea Johanna, also Henriettas Enkeltochter. Diese hatte 1733 Johann Friedrich von dem Bussche-Hünnefeld geheiratet.

Der gemeinsame Sohn, Clamor Adolph Theodor von dem Busche erbte Steinhausen 1755. Als dieser 1818 ohne direkte Nachkommen starb, wurde sein Neffe, der nächste Eigentümer, Nächster Eigentümer war sein Neffe, Domkapitular Clamor August Friedrich Wilhelm von dem Bussche. Nach seinem Tode 1831 blieb das Gut bei der Familie von dem Bussche-Streithorst bis zu der Versteigerung.

[17] Öffentliche Anzeigen der Grafschaft Ravensberg, 22. Juni 1842.

[18] Ebd.

[19] Landeskirchliches Archiv, Bethel, Bestand 4.21/77, Kirchengemeinde Halle und „Kirchenstühle, Priechen…“, Transkript von W. Kosubek, 11. Dezember 2017.

[20] Adressbuch des Kreises Halle (Westf.) von 1938, S. 147.

1] Dr. med Gustav Diering wurde am 11. März 1889 in Suttdorf (Kreis Melle) als Bauernsohn geboren. Er besuchte das Gymnasium in Osnabrück und legte dort das Abitur ab. Nach dem Medizinstudium in Kiel und Tübingen arbeitete er bereits mit 23 Jahren als Assistenzarzt in Osnabrück. Hier lernte er nach dem Ersten Weltkrieg den Landrat des Kreises Halle (Westf.) kennen, Dr. Siegfried Roehrig, der den jungen Chirurgen zum 1. Dezember 1921 an das kleine Krankenhaus in Halle holte. So wie Roehrig lebte auch Diering mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern zunächst in einer der Wohnungen im geräumigen Schloss Steinhausen. Die Familie zog 1939 in einen Neubau in Halle-Oldendorf, Am Laibach 30. In der Villa Diering diente das Parterre als Praxis, die erste Etage als Wohnung. Mittlerweile Chefarzt und Leiter des Krankenhauses sorgte Diering für wichtige Neuanschafftungen, wie etwa ein Röntgengerät. Er war nun auch Amtsarzt und erhielt den Ehrentitel „Kreismedizinalrat“. Während des Zweiten Weltkrieges fehlte es an Personal, so dass Diering auch die Abteilung für Innere Medizin mitbetreuen musste. Die junge Assitenzärztin Dr. Margret Albring unterstützte ihn ab 1944. Dem Nationalsozialismus stand Diering ablehnend gegenüber. Gemeinsam mit Dr. Albring hörte er den englischen Sender BBC – ein gefährliches Unterfangen, denn die Gynäkologin des Krankenhauses, Dr. Oing, war überzeugte Nationalsozialistin, sie leitete die NS-Frauenschaft in Halle, und auf das Hören des „Feindsenders“ stand die Todesstrafe. Dr. Gustav Diering war als stiller, bescheidener und pflichtbewusster Mensch bekannt. Er leitete das Haller Krankenhaus 36 Jahre lang. Erst mit 69 Jahren ging er in den Ruhestand und starb bereits vier Jahre darauf. Die Trauerfeier fand im kleinen Kreis statt, Nachrufe erschienen einige Tage später, am 13. Oktober 1962 in der Freien Presse sowie im Haller Kreisblatt.

[21] In die 1721 erbaute „Remise“ zog 1948 die Familie Kusenberg ein. Der spätere Wertheraner Amtsdirektor (1958-1973) Fritz Kusenberg hatte die Remise zuvor von Graf Max aus Tatenhausen erworben und zu Wohnzwecken umgebaut.

[22] Westfälische Neueste Nachrichten, 22. Juni 1940.

[23] Haller Kreisblatt vom 4. März 1955. Bericht mit Fotos von Wilhelm Siebert.

[24] Ebd.

[25] Westfälische Neueste Nachrichten, 22. Juni 1940 entdeckt von Martin Wiegand. Die Zeitung war treu nationalsozialistisch. Über ein Projekt, das zur NS-Bevölkerungspolitik passte, wurde entsprechend gern berichtet.