Man hatte Großes vor in Halle – noch mitten im Krieg. Die Übersichtskarte von 1941 ist eine Momentaufnahme der kleinen Kreisstadt. Als Wirtschaftsplan zeigt sie außerdem, in welche Richtung sich Halle nach nationalsozialistischen Vorstellungen entwickeln sollte: Neue Siedlungsgebiete sind ausgewiesen und Bauten für NS-Organisationen geplant. Eine großräumige Süd-West-Umgehung und ein neues Industriegebiet in Künsebeck prägen das Bild.
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In Künsebeck entwickelte sich in der Zeit des Nationalsozialismus ein Industriegebiet – alternativ zum bombengefährdeten Bielefeld.
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Neben dem Freibad und der „Osning-Kampfbahn“ war ein neues Hitlerjugend-Heim geplant. Wo die Jungen vorher exerzierten und was den HJ-Dienst bei vielen beliebt machte, hören Sie von unseren Zeitzeugen…
Eine weitere Karte zeigt Halle im Jahr 1837 also etwa 100 Jahre zuvor.
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Man hatte Großes vor in Halle – noch mitten im Krieg. Der Wirtschaftsplan vom März 1941 zeigt, wie sich die kleine Kreisstadt nach nationalsozialistischen Vorstellungen entwickeln sollte: Neue Siedlungsgebiete sind ausgewiesen, zum Beispiel das spätere „Hartmanns Wäldchen“ mit Angabe der geplanten Wohneinheiten (WE). Ein HJ-Heim sollte an der neuen Osnigkampfbahn gebaut werden. Beckmanns Hof war als NSDAP-Gemeinschafthaus vorgesehen. Eine großangelegte Süd-West-Umgehung ist eingezeichnet und ein neues Industriegebiet in Künsebeck prägt das Bild.[1]
Hintergrund – Kriegsverlauf
Noch lief alles nach Plan. Zu Beginn des Jahres 1941 hatte Deutschland auf ganzer Linie Siege zu verzeichnen: Zahlreiche europäische Staaten waren bereits eingenommen worden, darunter der „Erzfeind“ Frankreich. Der Krieg gegen England verlief erfolgreich. Der Angriff auf die Sowjetunion wurde als rassenideologischer Vernichtungskrieg vorbereitet. Der Völkermord an den europäischen Juden hatte begonnen. Noch konnte vom „Endsieg“ und einer nationalsozialistischen Weltherrschaft geträumt werden. Noch konnte man Pläne schmieden. Auch für Halle.
Hintergrund – Siedlungsbau durch die KWG
Teil der nationalsozialistischen Bevölkerungs- und Autarkiepolitik war der Siedlungsbau. Das NS-Musterhaus hatte 1 ½ Stockwerke und ein großes Gartenstück zur Teilselbstversorgung. Zum Bau solcher Kleinsiedlungen wurde 1936 die Kreiswohnstättengenossenschaft (KWG) in Halle gegründet. Die Initiative dazu ging vom Kreisleiter der NSDAP Ernst Mierig aus.[2] Die Genossenschaft sollte Arbeitsplätze schaffen und politisch „geeigneten“ Arbeitern die Möglichkeit geben, ein Siedlungshaus zu bauen. Die Siedler mussten zudem nach nationalsozialistischen Vorstellungen erbbiologisch einwandfrei sein, denn das Haus war als Familienförderung mithin zur Steigerung der Geburtenraten vorgesehen, [3] der Wirtschaftsplan für Halle u.a. als Antwort auf die NS-Bevölkerungspolitik und –Autarkiebestrebungen zu sehen.
Zeichenerklärung: Wohnflächen, Kleinsiedlungsflächen, landwirtschaftliche Fl., Industriegelände, Gewerbegelände, öffentl. Grünanlagen, Kleingärten, Friedhof mit Erweitg., forstwirtschaftliche Fl. geplant, private Grünanlage, Abwasserverwertg., Reichsstr. u. Landstr., geplante Verkehrsstr., Eisenbahn, H.J.-Heim, Gemeinschaftshaus, W.E. = Wohneinheiten.
Übersichtskarte 1941
Um 1941 hatte Halle etwa 6.100 Einwohner. Die innerstädtische Wohnbebauung verlief entlang der Verkehrsachsen Adolf-Hitler-Straße, Straße-der-SA, Wertherstraße (heute: B 68/Lange Straße, Alleestraße, Wertherstraße) sowie rund um den Kirchplatz. Auch im westlichen Stadtgebiet „auf der Lindart“ gab es eine etwas dichtere Bebauung. Südlich der Stadt, zwischen Langem Brink und Schlammpatt, sind Kleinsiedlerstellen zu erkennen, die bereits Anfang der 1930er Jahre bezogen wurden. Die erste Siedlung der KWG entstand 1938 an der Mönchstraße.
Pläne für Halle
Wie aus der Karte hervorgeht, war Folgendes geplant:
Die Karte wurde im März 1941 durch den Kreisbaumeister als Vorentwurf eines Wirtschaftsplanes erstellt. Oben finden Sie die Legende der Karte in Sütterlin-Schrift, darunter die Transkription. Die deutsche Schrift bzw. Sütterlin-Schrift wurde im Sommer 1941 von der lateinischen Schrift abgelöst.
Dr. Katja Kosubek
Ausschnitt der Übersichtskarte von 1941 mit Ergänzungen. Die Karte ist Eigentum des Stadtarchivs Halle/Westfalen.
[1] Vgl. Kriegsauftrag Dürkoppwerke, Haller ZeitRäume, Nationalsozialismus, Der Krieg, URL: http://www.haller-zeitraeume.de/exponate/kriegsauftrag-duerkoppwerke [online am 9. Oktober 2019].
[2] Vgl. Joseph Siemens: Chronik der Kreiswohnstättengenossenschaft Halle (Westf.) eG 1936-2011, Halle /Westfalen 2011, S.6.
[3] So stellte 1941, im Erscheiningsjahr der Übersichtskarte, der Reichsführer SS Heinrich Himmler klar, dass eine höhere Geburtenrate „nationale Pflicht“ sei. Vgl. Deutsches Historisches Museum Berlin/DHM Chronik 1941/Februar, URL: http://www.dhm.de/lemo/html/1941 [online am 4. November 2011].
Übersichtskarte und Wirtschaftsplan der Stadt Halle (Westf.) erstellt im März 1941. Museum Haller ZeitRaeume Wirtschaftsplan 1941 mit Erlaeuterungen